Februar 2021

Samstag, 27. Februar

„Beam me up, Scotty!“
Mit diesem Ausruf wendet sich Kapitän Kirk an seinen Chefingenieur Montgomery Scott wenn er dringend aus einer brenzligen Situation zurück ins Raumschiff transportiert werden möchte. 
Wie schön wäre das, wenn wir diese Möglichkeit hätten und unsere momentane Corona-Situation hinter uns lassen könnten. Einfach mal entschwinden. Zurück ins sichere Raumschiff. 

„Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, breitete Gott seine Fittiche aus und nahm sein Volk und trug es auf seinen Flügeln.“ 5. Mose 32, 11

Das ist heute die Tageslosung. Stark und fürsorglich wie ein Adler, so stelle ich mir Gott vor.
So wie ein Adler die Jungen aus dem Nest schubst, damit sie fliegen lernen, so stehen auch unsere Füße auf weitem Raum und wir müssen unseren Weg gehen. Und genau wie ein Adler aber die Jungen auf seinen Flügeln ausruhen lässt, wenn sie müde werden, so nimmt Gott uns huckepack. Wir können uns ausruhen in der Gegenwart Gottes und Kraft schöpfen. Vielleicht mit einer kleinen Meditation:
Einatmen: Gott, du stellst meine Füße auf weiten Raum. Ausatmen
Einatmen: Du trägst mich auf deinen Flügeln, ich bin geborgen bei dir. Ausatmen.
⇒ Einige Male wiederholen. 

Verena Übler


Freitag, 26. Februar

Heute, am 26. Februar, ist der evangelische Gedenktag für die mittelalterliche Mystikerin Mechthild von Magdeburg. Von ihr stammen die folgenden Zeilen:

Himmlischer Vater,
zwischen dir und mir
geht immerfort ein unbegreifliches Atmen,
worin ich viele Wunder
und unaussprechliche Dinge
erkenne und sehe.

Du bist die Sonne aller Augen
und die Lust aller Ohren,
du bist die Stimme aller Worte
und die Kraft aller Frömmigkeit,
du bist die Lehre aller Weisheit,
das Leben in allem Lebenden
und die Ordnung alles dessen, was ist.

Die Mystikerinnen des Mittelalters erlebten Gott nicht als fernen Gott, sie erlebten ihn in ihrem eigenen Inneren. Mechthild von Magdenburg lebte zunächst als Begine - als Angehörige eines Laienordens - in Magdeburg. Als sie mit dem Klerus immer mehr in Konflikt geriet, flüchtete sie in das Frauenkloster Helfta bei Eisleben. Im Kloster Helfta wurden Gedanken des Franz von Assisi mit benediktinischer und dominkanischer Frömmigkeit zusammengedacht. Lange vor Luther strebten die Mystikerinnen dort eine deutsche Übersetzung der Bibel an. Auch die Schwestern, die des Lateinischen nicht mächtig waren, sollten einen Zugang zu den biblischen Texten haben. Die Mystikerinnen brachten in ihrer Zeit einiges in Bewegung.

Felix Breitling


Donnerstag, 25. Februar

Aufladen

Heute möchte ich hier einen Text wiedergeben, den ich vor wenigen Tagen zu Beginn der Fastenzeit auf den Seiten der Bahnhofkirche Zürich gefunden habe:

"Das tägliche Aufladen des Handys gehört zur Routine.
Ein Smartphone wird vor dem ersten Gebrauch aufgeladen, dann wird es durch Gebrauch entladen und dann kommt es erneut an die Steckdose. Es schadet dem Akku, wenn das Handy in aufgeladenem Zustand über längere Zeit nicht gebraucht wird. Es schadet ihm aber auch, wenn es im Leerzustand liegen bleibt. Beim Handy bestimmt die Intensität des Verbrauchs, wann ich es wieder laden muss.

Aufladen und Entladen, Energie aufnehmen und Energie wieder abgeben. Das kenne ich auch bei mir selbst. Wenn ich gearbeitet habe, brauche ich eine Pause um zu essen und zu ruhen oder zu schlafen. Ich kann besser arbeiten, wenn ich ausgeruht bin und ich kann besser schlafen, wenn ich gearbeitet habe. Uns tut dabei ein Rhythmus von Ruhen und Arbeit gut.

Das Klosterleben wird durch eine feste Abfolge von Arbeit und Ruhe bestimmt. Die Formel «Bete und arbeite» zeigt darüber hinaus, dass ich mich nicht nur im Ausruhen, sondern auch in der Hinwendung zu Gott «aufladen» kann.
Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Ich verstehe die Fastenzeit als eine Zeit, in der ich in Ruhe durch den Anschluss an Gott meinen leeren Akku wieder füllen kann."
(https://www.bahnhofkirche.ch/2021/02/17/laden-und-entladen/)

Mathias Brandstätter


Mittwoch, 24. Februar

In einem der Lindenbäume vor meinem Wohnzimmerfenster bauen gerade zwei Elstern ein Nest. Faszinierend, wie sie mit ihren Schnäbeln ein kunstvolles Geflecht herstellen. Riesig ist es, aber nun sind Elstern ja auch nicht gerade klein. Da muss es schon die Villa sein, ein Einzimmerappartement reicht da nicht. 
Ein Nest bauen – das klingt nach Frühling, nach Aufbruch, nach Leben. Wenn dann noch die Sonne scheint und es wärmer wird, könnte man die ganze Pandemiesituation fast vergessen. 
Leider nur fast, denn kaum wende ich mein Gesicht von den Elstern und der Sonne wieder meinen Alltagstätigkeiten zu, stoße ich auf die momentanen Grenzen. KonfiKurs nur per Zoom. Seniorennachmittag geht gar nicht. Soll ich überhaupt Lieder für den Gottesdienst aussuchen, wenn wir ja eh nicht singen können?

Martin Luther sagt: 
Wir können nicht hindern, 
dass die bösen Gedanken 
wie Vögel über uns hinfliegen,
aber wir können hindern, 
dass sie auf unseren Köpfen Nester bauen.

Also: Lassen wir die Gedanken fliegen, aber richten wir den Blick auch auf die guten Momente des Tages. Ihr Nest sollen die Vögel mal schön in den Bäumen bauen.

Verena Übler
P.S. KonfiKurs hat gestern richtig Spaß gemacht, auch online. 


Dienstag, 23. Februar

Versöhnung mit Gott

Die heutige Tageslosung erzählt uns von Versöhnung und Botschafter*innen.

Versöhnung – ein großes Wort. Ein Wort voller Sehnsucht, voller Träume, voller Hoffnungen.

Hoffnung, dass alles gut wird. Dass alles gut ist. Das große Ganze vor Augen fällt es manchmal schwer, den ersten Schritt zu machen. Oft reicht ja schon ein kleiner, damit Dinge ins Rollen kommen. Aber den Anfang zu machen, ist nicht leicht.

Wie gut, dass Gott auf uns zukommt. Den ersten Schritt in Jesus schon gemacht hat. Es ist an uns, auf unserer Seite den ersten Schritt zu machen, vielleicht auch nur einen ersten Blick zu wagen. Aufrichten und ausrichten auf Gott hin. Ihn schauen und von ihm hören.

Den Botschaften zuhören, den biblischen und den menschlichen. Hinhören, wenn Menschen von Gott erzählen, von ihm berichten. Ihre Zweifel und ihre Klage hören, aber auch ihr Gottvertrauen und ihre Gottesgewissheit. Und dann eigene Erfahrungen machen, wenn wir es wagen, den Blick aufrecht zu halten und Schritt für Schritt Gott näher zu kommen. Die angebotene Versöhnung annehmen.

Und dann selbst die Botschaft weitertragen: unser Auftrag an Christi statt.

So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! 2.Korinther 5,20

Carolin Lochner


Montag, 22. Februar

"Das ist für mich jetzt alles gleich."

In der Stunde vor ihrer Hinrichtung am 22. Februar 1943 wünschten sich Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst, der sich vor der Hinrichtung noch katholisch taufen ließ, gemeinsam das Abendmahl zu erhalten. In der Hoffnung auf ein gemeinsames Abendmahl hatten sich die Geschwister Scholl bereit erklärt, das Abendmahl auch nach dem katholischen Ritus zu empfangen.

Ihr Bruder Werner schreibt: „Als wir von Sophie Abschied nahmen, kam der katholische Vikar und sagte Sophie, Hans habe den Wunsch geäußert, das Heilige Abendmahl von ihm zu empfangen und Sophie schloss sich diesem Wunsch an. Unsere Mutter hat das etwas seltsam berührt, als ich ihr aber sagte, sie solle Sophie in ihrer letzten Stunde ganz frei handeln lassen, war sie beruhigt. Und Sophie sagte: Siehst Du, Mutter, das ist für mich jetzt alles gleich.“ (1)

Es war nicht möglich, dass Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst gemeinsam das Abendmahl empfingen. Hans und Sophie Scholl erhielten das Abendmahl schließlich vom evangelischen Geistlichen, voneinander getrennt, so sah es die Gefängnisordnung vor. Christoph Probst erhielt es, getrennt von den beiden, vom katholischen Geistlichen.

Das Gefängnispersonal gestattete den dreien schließlich – entgegen der Gefängnisordnung – eine letzte gemeinsame Zigarette.

(1) Barbara Beuys: Sophie Scholl, S. 463, Berlin 2017.

Felix Breitling

Da unsere Gedenkveranstaltung nicht in Präsenz stattfinden kann, können Sie das Gespräch mit Klaus Schultz auf unserer Internetseite online ansehen.


Samstag, 20. Februar

Bei der Vorbereitung meines ersten Videoimpulses für die Fastenaktion „Spielräume. 7 Wochen ohne Blockaden“ musste ich an den Teil meiner Studienzeit in Bonn denken, als ich in einer Wohngemeinschaft gelebt habe. Wir waren zu viert, zwei Frauen und zwei Männer. Allesamt Theologiestudierende und gut befreundet. In der ersten Zeit unseres Zusammenwohnens hatten wir Lust Karten zu spielen. Doppelkopf. Keine gute Idee. In Nullkommanix haben sich beim Spielen Charakterzüge herauskristallisiert, die wir nie aneinander für möglich gehalten hätten. Für den einen war das Spiel eine so ernste Angelegenheit, wehe jemand hat sich nicht angestrengt. Die andere hat es nicht so richtig drauf gehabt und Fehler gemacht, was wiederum den dritten so auf die Palme gebracht hat, dass er anfing, sie anzuschreien. Kurzum, wir hatten uns so in der Wolle, dass wir nach ein paar Versuchen aufgegeben haben. Zum Glück, denn so konnte unsere Freundschaft noch lange ziemlich gut weiter bestehen. 
Ja, beim Spielen können sich Seiten offenbaren, die wir sonst nicht unbedingt von anderen kennen oder von uns selbst. Im Großen und Ganzen überwiegt nach meiner Erfahrung aber doch die Freude, die beim Spielen entsteht. Und anders als in manch „echter“ Situation im Leben, heißt es beim Spiel immer wieder: Neues Spiel, neues Glück! 
Welcher Spiele-Typ sind Sie? 

Verena Übler


Freitag, 19. Februar

„Frühling lässt sein blaues Band…“ Kalendarisch ist zwar noch nicht Frühling, aber gestern Morgen sangen die Vögel, die Temperaturen waren frühlingshaft, hinter der Kirche blühen die Schneeglöckchen und ich fand, die Luft duftete nach Frühling. Die Sehnsucht nach Frühling war in mir geweckt.  „Süße, wohlbekannte Düfte, streifen ahnungsvoll das Land“ - so hat Eduard Mörike diese Frühlings-Sehnsucht in Worte gefasst.

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen. -
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!
(in: Mörike, Gedichte, 33, Leipzig 1999)

Eduard Mörike, der Dichter-Pfarrer, wirkte von Februar bis Mai 1829 im oberschwäbischen Pflummern als Pfarrverweser - ein Ort während seiner „Vikariatsknechtschaft“, wie er die Zeit seines Pfarrvikariats nennt. Dort schrieb er sein bekanntes Frühlingsgedicht „Er ist`s“. Mörike wechselte oft die Stellen, blieb mal 2 Tage, mal ein paar Monate. Sein Pfarramt, und die damit verbundenen Aufgaben, besonders das Predigen, empfindet er als Last und Bürde. Er fühlt sich zerrissen, in der „Stickluft“ seines Amtes fehlt ihm oft die Luft zum Atmen, häufig ist er krank. Schließlich lässt sich Mörike mit 39 Jahren pensionieren und kann sich nun ganz dem Dichten, seiner eigentlichen Leidenschaft, widmen.

Felix Breitling


Donnerstag, 18. Februar

Segen zum Geleit

Am Wochenende nahm ich an einer online-Schulung teil, die das Team für Umwelt- und Klimaarbeit in unserer Landeskirche veranstaltet hatte. Am Ende wurde uns ein Segen von dem Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch zum Geleit mitgegeben. Ein poetischer und tiefsinniger Text, den ich hier (leicht verkürzt) wiedergeben möchte:

Im Übrigen meine ich,
dass Gott uns das Geleit geben möge immerdar

auf unserem langen Weg zu unserer Menschwerdung,
auf dem endlos schmalen Pfad zwischen Gut und Böse,
Herzenswünschen und niedrigen Spekulationen.

Er möge uns ganz nahe sein in unserer Not,
wenn wir uns im dornigen Gestrüpp der Wirklichkeit verlieren
.

Er möge uns in den großen anonymen Städten
wieder an die Hand nehmen,
damit wir seiner Fantasie folgen können

und auf dem weiten flachen Land
wollen wir ihn auf unseren Wegen erkennen.

Er möge uns vor falschen Horizonten
und dunklen Abgründen bewahren,
so daß wir nicht in Richtungen wandern
,
die uns im Kreise und an der Nase rumführen


Er möge unseren kleinen Alltag betrachten,
den wir mal recht und mal schlecht bestehen müssen,
die zwölf Stunden Unrast
und die zwölf Stunden Ruhe vor dem Sturm.

Er hat den Tag und die Nacht geschaffen,
hat auch den Alltag gemacht und den Schlaf,
und die zwölf Stunden
eilen und kümmern
und laufen und sorgen
und streiten und ärgern und schweigen
und die zwölf Stunden ausruhen
und nichts mehr sehen und hören...

Er möge sich unser erbarmen
am Tage und in der Nacht,
in der großen Welt und in der kleinen Welt
unseres Alltags,
in den Parlamenten,
in den Chefetagen der Industrie
und in unseren Küchen.

Er möge uns unsere Krankheiten überstehen lassen
und uns in der Jugend und im Alter seine Schulter geben,
damit wir uns von Zeit zu Zeit,
von Gegenwart zu Gegenwart
an ihn anlehnen können,
getröstet, gestärkt und ermutigt.  

Amen.

(Der ganze Text ist zusammen mit anderen Segenstexten in "Das kleine Buch zum Segen", von Hanns Dieter Hüsch und Michael Blum, tvd-Verlag erschienen)

Mathias Brandstätter


Mittwoch, 17. Februar

Aschermittwoch

Gestern noch Juppheidi und Trallala, bunte Kostüme, Gesang und Tanz der Marktweiber (nicht in diesem Jahr, aber generell am Faschingsdienstag) und heute „in Sack und Asche“ gehen, sowie „Asche auf mein Haupt“ streuen. Was für ein Wechsel! 
Werden Sie Ihr Portemonnaie im Fischbrunnen am Marienplatz waschen, damit es allzeit voll sein möge in diesem Jahr? Und wird es Hering geben zum Mittagessen? 
Es gibt erstaunlich viele Aschermittwochsbräuche. 
Seinen Namen hat der Tag von dem katholischen Brauch sich im Gottesdienst nach der Predigt mit einem Kreuz aus Asche mitten auf die Stirn bezeichnen zu lassen. Für die Asche wurden die gesammelten Palmbuschen des letzten Jahres verbrannt.
Zu diesem Ritual gehört der Bibelvers: "Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst" (1. Mose 3, 19) oder alternativ die Worte Jesu: "Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium" (Markus 1,15b).
Es geht also um Besinnung, Umkehr, Neuanfang und den Glauben daran, dass das Leben stärker ist als der Tod. Deswegen wird die Asche auch in Kreuzform aufgetragen. Jesus ist gestorben und auferstanden. Es gibt Leid, es gibt Tod, aber es gibt auch die Hoffnung und das Leben. 
Mit dem Aschermittwoch ist der Beginn der Fastenzeit markiert. Eine Zeit der Besinnung und der Buße, im Grunde so etwas wie eine innere Reinigung. 
Die evangelische Kirche lädt dazu mit der Aktion „Spielräume. 7 Wochen ohne Blockaden“ ein. Schauen Sie sich doch mal hier auf unserer Website um, da finden Sie viele Impulse zu dieser Aktion.

Verena Übler


Dienstag, 16. Februar

Pfannkuchentag

Bei uns ist der heutige Tag bekannt als Faschingsdienstag, Karneval. Aber haben Sie gewusst, dass er im Vereinigten Königreich und in Nordamerika bekannt ist als Pfannkuchentag?

Traditionell werden Pfannkuchenwettrennen veranstaltet. Laufen für den guten Zweck.  Selbstverständlich werden die Pfannkuchen aber auch verspeist. Zum Beispiel mit Ahornsirup oder Schokocreme.

Welch ein schöner Anblick, wenn die Pfannkuchen übereinander gestapelt frisch auf dem Tisch landen. Scheibe für Scheibe wird der Stapel kleiner und jede einzelne Scheibe erfreut. Vielleicht noch einmal mit Ahornsirup ein lächelndes Gesicht darauf zeichnen. Und dann einfach genießen.

Die kleinen Freuden des Lebens. Wenn man sie wahrnimmt. Heute, an Karneval und am Pfannkuchentag, ist jedenfalls ein Tag zum Freuen.

Dies ist der Tag, den der HERR macht;
lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. Psalm 118,24

Carolin Lochner


Montag, 15. Februar

„Fast ein Gebet“ lautet der Titel eines Gedichts des Schriftstellers Reiner Kunze:

Wir haben ein Dach
und Brot im Fach
und Wasser im Haus,
da hält man’s aus.

Und wir haben es warm
Und haben ein Bett.
O Gott, daß doch jeder
Das alles hätt’!

(in: Reiner Kunze, Gedichte, Frankfurt/Main 2001, S. 320)

 

„Gefährliche Kälte“ lautet der Titel eines Artikels aus der Süddeutschen Zeitung vom Freitag:

 „Es ist eiskalt, lebensgefährlich kalt. In der Nacht zum Freitag sanken die Temperaturen in München auf 15 Grad unter null. Und es bleibt so frostig. Für Menschen, die auf der Straße wohnen müssen, geht es in diesen Nächten manchmal um Leben und Tod. Und es sind viele, die kein Dach über dem Kopf haben. ... Derzeit gibt es in München 5300 Bettplätze für Notfälle, doch etwa 9000 Menschen sind akut wohnungslos.“

(aus: Süddeutsche Zeitung 12. Februar 2021, 13:53 Uhr) https://www.sueddeutsche.de/muenchen/obdachlose-muenchen-kaelte-winter-1.5202801

Felix Breitling


Samstag, 13. Februar

Das Modell

„Das ist heute euer Modell“, sagte der Zeichenprofessor, „eine Vase, ein Apfel und dieser Laib Brot. Ich gruppiere sie so … sehr gut … nun verdunkle ich das eine Fenster … bitte, ziehen Sie noch den anderen Vorhang etwas beiseite … das wird gehen … gut. Sie sehen, meine Damen und Herren, wir müssen unser Modell immer im besten Licht sehen. Das ist ein Grundsatz der Zeichenkunst und ein Grundsatz im Leben überhaupt: Bevor wir eine Person beurteilen, müssen wir sie zuerst ins beste Licht rücken. Das verborgene Gute kann dann ans Licht kommen … Und jetzt wollen wir beginnen.“ 
H.L. Gee

Lassen Sie uns genau heute, genau jetzt damit beginnen, uns einander ins rechte Licht zu rücken. Es wird uns gut tun. 

Verena Übler 

[Gefunden in: Andreas-G. Strehlau, Zwei die sich trauen, Agentur des Rauhen Hauses ISBN: 978-3-7600-1717-4]


Freitag, 12. Februar

Selbstansicht

Gestern Abend hatten wir mal wieder eine zoom-Videokonferenz. Es gibt da eine Funktion „Selbstansicht“. Während ich die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehe, kann ich auch mich selbst sehen. Erst vor Kurzem habe ich die Funktion „Selbstansicht ausblenden“ entdeckt und blende meine Selbstansicht jetzt aus, denn bei einem „realen“ Treffen schaue ich mich ja auch nicht selbst an. Am Anfang hatte ich diese Funktion noch nicht entdeckt und habe mir vorgestellt, wie es wäre, wenn ich in unserer Runde einen Spiegel stehen hätte, in den ich immer mal wieder reinschaue.
Von der Schauspielerin Hanna Schygulla stammt der Ausspruch: „Ich schaue nicht mehr so viel in den Spiegel; denn die Augen, mit denen man sich selber anschaut, sind nicht die Augen, in denen man am besten aufgehoben ist“. Ja, oft sind die Augen, mit denen ich mich selbst ansehe, nicht die Augen, in denen ich am besten aufgehoben bin. Augen, die streng und äußerst selbstkritisch sind, die meinen, sie müssten gleich bewerten, sie müssten vergleichen.
Gerade da gibt es mir Halt, dass ich darauf vertraue, dass Gott mehr von mir sieht als ich selbst in meinen gewohnten Deutungen meines Lebens und dass ich in seinen Augen gut aufgehoben bin. Weil Gott immer noch etwas anderes an mir meint. Wir sind vielmehr als das, wie wir uns tagtäglich sehen. Begabt mit Gottes Geist. Unendlich geliebt. Gottes Ebenbilder.
Wofür ich dankbar bin: Wenn ich Menschen begegne, und wir einander sehen und wahrnehmen, und uns gerade auch das sagen können, was wir selber bei uns nicht sehen - weil das mit der Selbstansicht ja doch nicht immer so einfach ist.

Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war.
Gott, du siehst uns an, damit wir uns in einem anderen Licht sehen können. Damit wir uns in deinem Licht sehen können.
Deine Augen sahen mich an, da ich noch nicht bereitet war.
Warum ist mein Kopf manchmal so voll von Bewertungen, Vergleichen und Urteilen, wenn ich doch selbst darunter leide? Gott, es tut gut, wenn jemand mich barmherziger ansieht als ich mich selbst.
Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war.

Du siehst uns, mit dem Leichten und Schweren, mit unseren Hoffnungen und Ängsten, so, wie es ist und so, wie es uns geht.
Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war.

Felix Breitling


Donnerstag, 11. Februar

Glücksmomente

In dem Radiosender, den ich morgens immer höre, kann man anrufen und erzählen, was man aktuell als seinen persönlichen Glücksmoment empfindet. Diese persönlichen Themen bilden immer ein schönes Gegengewicht zu den offiziellen Nachrichten, die ja überwiegend keine Glücksgefühle hervorrufen.
Und sie regen mich oft dazu an, über meine eigenen täglichen Glücksmomente nachzudenken. Es ist ja meistens nicht weltbewegendes - vielleicht eine Tasse Kaffee, ein lang erwarteter Anruf, ein wiedergefundener Gegenstand oder eine Begegnung. Aber diese kleinen Lichtblicke helfen mir auch in Phasen, in denen scheinbar alles schief läuft und nicht Positives zu erkennen ist.  

Übrigens - mein Glücksmoment war heute morgen, als ich das Ticken der Wanduhr hörte. Sie ist vor einiger Zeit stehen geblieben und erinnert mich mit ihrem Schweigen seither jeden Tag daran, dass ich mich darum kümmern sollte. Gestern Abend habe ich sie dann endlich kurz entschlossen auseinander geschraubt, um nach einem Fehler zu suchen, auch wenn ich eigentlich nicht viel von mechanischen Uhren verstehe. Aber tatsächlich entdeckte ich im Inneren ein Zahnrädchen, das aus irgendeinem Grund etwas verbogen aussah. Und danach gelang es mir, alles in der richtigen Reihenfolge zusammenzusetzen, das Federwerk aufzuziehen und sie wieder in Bewegung zu bringen.
Und heute morgen tickte sie immer noch!

Und was ist für Sie heute ein Glücksmoment?

Mathias Brandstätter
 


Mittwoch, 10. Februar

Heute kommt die Tageslosung wieder einmal aus einem Psalm:
Himmel und Erde werden vergehen, du aber bleibst. (Psalm 102, 27)

Und der dazu ausgesuchte Lehrtext lautet: 
Jesus Christus gestern und heute und derselbe in Ewigkeit. (Hebräer 13, 8)

Ich musste sofort an Drafi Deutscher denken und seinen Hit: Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht…
Und dann daran, wie Märchen enden: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…
Und schließlich noch an den Highlander – es kann nur einen geben -, der ewig leben muss…

Für uns Menschen wäre es ein Fluch, müssten wir ewig leben. Dass Jesus Christus unumstößlich und auf ewig die Grundlage unseres Glaubens ist, finde ich tröstlich und erleichternd. Jesus Christus ist kein beliebiges Konzept, das mal eine Zeit lang gilt und dann irgendwann wieder überholt ist. Und auch wenn die Liebe oder eine harmonische Familienbeziehung zerbrechen können, wie wir alle wissen, gilt das gleiche nicht für Jesus Christus. Er ist kein Trend, keine Mode und auch kein Fähnchen im Wind, viel mehr der Fels in der Brandung. 
Und sollte uns tatsächlich eines Tages der Himmel auf den Kopf fallen, wie Majestix befürchtet, ist Jesus Christus trotzdem unser Heil. Für immer und ewig.

Verena Übler 


Dienstag, 9. Februar

Ernst und Spiel

Heute ein Wegwort der Bahnhofskirche aus Zürich. Welche Lebenseinstellung ist Ihre?

https://www.bahnhofkirche.ch/2021/02/04/spiel-und-ernst/

Carolin Lochner


Montag, 8. Februar

„Nie schaffen wir es, diesen Konflikt zu lösen.“ – „Wir haben es noch nicht geschafft, diesen Konflikt zu lösen.“

„Bei dem ganzen Vorhaben ist nur Stillstand.“ – „Das Vorhaben ist noch nicht in Bewegung gekommen.“

Zugegeben, manchmal schaffen wir es wirklich nicht, einen Konflikt zu lösen und manchmal ist da nur Stillstand. Dennoch, durch die zwei Wörter „noch nicht“ eröffnet sich ein Möglichkeitsraum, eine Chance, ein Raum der Hoffnung. Deswegen kann es in manchen Situationen hilfreich sein, umzuformulieren.

„Mir fällt heute überhaupt keine Idee für den Gedanken zum Tag ein.“  - „Die zündende Idee für den Gedanken zum Tag ist mir noch nicht eingefallen.“ Während das „überhaupt keine“ eher blockiert, habe ich bei Variante Zwei der Idee die Tür mit dem „noch nicht“ schon einen Spalt breit geöffnet, so dass sie hereinkommen kann.

Felix Breitling


Samstag, 6. Februar

Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen,
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich Blüten schenken lässt. 

Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.

Rainer Maria Rilke [aus: Frühe Gedichte]

„Wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihre Summe so groß! Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand: Am Ende bin ich noch immer bei dir!“ 
Psalm 139, 17f.

‚Am Ende bin ich noch immer bei dir.‘ Was für ein tröstlicher Satz. Wie oft stehen wir ratlos vor den Ereignissen, Widerfahrnissen, Abgründen, Schmerzen, Wendepunkten unseres Lebens. Es fällt uns schwer damit einverstanden zu sein. Vielleicht fällt es uns leichter, wenn wir uns in diese Liebe Gottes einbetten: Am Ende bin ich noch immer bei dir!

Verena Übler


Freitag, 5. Februar

„Wenn ich daran denke, was mir in meinem Leben zugefallen ist. Kaum zu glauben“ sagte der Jubilar an seinem Geburtstag. „Zugefallen“ sagte er. Nicht: „Wenn ich daran denke, was ich in meinem Leben alles gemacht habe, was ich geleistet habe.“

Ich habe mir nach dem Gespräch viele Fragen gestellt: Was in unserem Leben haben wir eigentlich in der Hand? In welche Familie wir geboren werden, was wir erfahren und erleben, wem wir begegnen …? Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn …?

„Deine Augen sahen mich als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war“ heißt es in Psalm 139. Sind alle meine Tage bereits in Gottes Buch geschrieben? Was ist dann mit meinen Entscheidungen; sind es überhaupt meine Entscheidungen? Und sind sie es, die mein Leben prägen?

Und wenn ich weiterdenke: Worin erlebe ich Sinn? Wofür lebe ich?

Mir würde noch einige Fragen mehr einfallen, aber dann würde mir schwindlig werden. Für heute reicht es. Ich merke auch, es ist besser, sich gemeinsam an solche Fragen zu wagen.

„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin“ schreibt Paulus im 1. Korintherbrief. Und weiter: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

Felix Breitling


Donnerstag, 4. Februar

Raum der Stille

Vor einiger Zeit kam ich an einer benachbarten Kirche vorbei, die - wie die Offenbarungskirche - tagsüber geöffnet ist. Beim Eintreten wurde ich zunächst angenehm überrascht, denn es erklang angenehme leise Musik aus Lautsprechern im Hintergrund. Erst später wurde mir bewusst, wie selbstverständlich es heutzutage ist, dass wir an allen möglichen Orten ständig von Musik umgeben sind. Und dass es immer weniger Orte gibt, an denen Stille herrscht.

Dabei könnten wir mehr Räume der Stille dringend brauchen. Es gibt viele Untersuchungen, die zeigen, dass Stille Stress vermindert, dass Stille uns produktiver macht, uns gesund hält. Und umgekehrt macht Lärm nachweisbar krank und Dauer-Geräusche wie Straßenlärm verhindern, dass wir nachts gut schlafen und uns ausreichend erholen können.

Dafür helfen uns ablenkende Geräusche, Hintergrundmusik, aber auch optische Reize, dass unangenehme, belastende Gedanken uns nicht bedrängen können. In der Stille werden wir stärker mit uns selbst konfrontiert – was nicht immer leicht zu ertragen ist.
Aber letztendlich können wir unseren Gedanken nicht ständig entkommen, und so ist es gut und wichtig, wenn wir sie in einer stillen Umgebung zulassen können.

Die Offenbarungskirche soll während der täglichen Öffnungszeit ein Ort der Ruhe und Stille sein. Die äußere Welt und die Umgebung sind zwar noch präsent, man hört immer wieder leise von außen Geräusche. Aber es sind dicke Wände dazwischen, die Schutz bieten und es ist ein Ort, in dem wir in der Stille und im Gebet Kraft und Unterstützung finden können, wenn wir dort mit unseren Gedanken allein sind.

Mathias Brandstätter

Altar der Offenbarungskirche
Bildrechte M.Brandstätter

Mittwoch, 3. Februar

Wie bibelfest sind Sie? In den Psalm haben sich 7 Fehler eingeschlichen. Finden Sie heraus, welche!

Der Meister ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer fetten Aue und führet mich zur frischen Quelle.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf verschlungenen Wegen um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im dunklen Wald fürchte ich kein Unglück, 
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. 
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Freunde. 
Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Angesicht des Herrn immerdar. 
Psalm 23

P.S. Die schnelle Lösung finden Sie hier: https://www.bibleserver.com/LUT/Psalm23

Verena Übler


Dienstag, 2. Februar

Lichtmess

Bei meinem Spaziergang am Sonntagabend entdeckte ich noch einen beleuchteten Weihnachtsbaum auf einem Balkon. Die letzten Bäume werden nach alter Tradition an Mariä Lichtmess weggeräumt. Und das ist heute. 40 Tage nach Weihnachten. Noch einmal wird das Licht betont, das Licht für alle. Licht wird es durch die Begegnung mit dem Heiland. Er schenkt das Leben, das auch über den Tod hinaus trägt. Diese Begegnung ist  für alle Menschen und Völker  gedacht. Nicht nur für Israel. In der mittelalterlichen Vorstellung führt es zur freudigen Bejahung des Sterbens. Aus einer Gewissheit heraus, bei Gott auch im Sterben aufgehoben zu sein. Weil er sein Leben für uns gab.  

So erzählt es ein Kirchenlied Martin Luthers, das dem 2. Februar zugeschrieben wird.

Mit Fried und Freud ich fahr dahin.

Mit Fried und Freud ich fahr dahin
in Gotts Wille;
getrost ist mir mein Herz und Sinn,
sanft und stille,
wie Gott mir verheißen hat:
der Tod ist mein Schlaf worden.

Das macht Christus, wahr’ Gottes Sohn,
der treu Heiland,
den du mich, Herr, hast sehen lan
und g’macht bekannt,
dass er sei das Leben mein
und Heil in Not und Sterben.

Den hast du allen vorgestellt
mit groß Gnaden,
zu seinem Reich die ganze Welt
heißen laden
durch dein teuer heilsam Wort,
an allem Ort erschollen.

Er ist das Heil und selig Licht
für die Heiden,
zu ’rleuchten, die dich kennen nicht,
und zu weiden.
Er ist deins Volks Israel
Preis, Ehre, Freud und Wonne.

Carolin Lochner


Montag, 1. Februar

Ich möchte mit Ihnen heute eine kurze Geschichte teilen, die Martin Buber in seinen "Chassidischen Geschichten" überliefert hat:

"Vor dem Ende sprach Rabbi Sussja: In der kommenden Welt wird man mich nicht fragen:

Sussja, warum bist du nicht Mose gewesen?

Man wird mich auch nicht fragen: Warum bist du nicht David gewesen?

In der kommenden Welt wird man mich fragen: Sussja, warum bist du nicht Sussja gewesen?

(Martin Buber: Chassidische Geschichten, 372)

Für mich sind das Gedanken für jeden Tag meines Lebens. Es gibt Orte, auf die schaue ich bestimmt einmal am Tag – den Spiegel, auf die Kühlschranktür, den Rand des Computerbildschirms… – dort werde ich diese Worte anbringen.

Felix Breitling