Januar 2021

​Samstag, 30. Januar

Wie soll man beten?
Diese Frage kommt in der Schule oder im Konfi-Unterricht immer wieder auf. Es gibt kein Rezept, keine Vorgabe, schon gar kein Gesetz. Beten, das ist Reden mit Gott. Einfach so, wie mir der Schnabel gewachsen ist und mit dem, was mich gerade bewegt. Beten, das heißt, in Gottes Gegenwart ruhen:

Ich sehne mich nach Stille
Gebet einer Hausfrau

Entschuldige Gott,
dass die Waschmaschine rattert 
und sogar heute arbeitet.
Zwei dieser Kleinen
Brauchen saubere Windeln.

Ich habe versucht auf Dein Wort zu hören –
Im Radio, um 10 an diesem Morgen,
aber dann musste eins auf den Topf,
eines fiel hin und tat sich weh
und verschüttete unterdessen ein Glas Milch.
Dann klingelte das Telefon.

Entschuldige, Gott,
ich wollte nicht, dass der Sonntag 
so wurde – 
wie all die anderen Tage.
Ich sehne mich nach Stille
und einer Zeit des Nachdenkens.

Aber Du hast mich gehört, als ich stöhnte,
während 
ich den Abwasch machte.

Entschuldige, Gott,
ich muss rennen, die Kartoffeln
kochen über.

Mein Sonntag war keine himmlische
Pause,
aber mit meinen arbeitenden Händen
ruhe ich in Deiner Gegenwart.

Du siehst, ich habe heute eine saubere Schürze
Für Dich angezogen.
Dänemark (Report about Women in Danish Churches)

Verena Übler


Freitag, 29. Januar

Ärger, Aggression, Wut – Gefühle, die wir Menschen alle kennen. Aber wie gehen wir mit ihnen um? Kann ich vor Wut im Bauch nicht schlafen? Schlucke ich den Ärger runter? Würde ich dem Anderen am liebsten eine reinschlagen? Sage ich auch mal offen, wenn mich etwas wütend macht?

Ärger, Aggression und Wut können uns Kraft geben, Vitalität, Energie, Selbstachtung. Sie können aber auch äußerst destruktiv werden, gegen Andere und gegen uns selbst. Deswegen ist es wichtig, solche Gefühle wahrzunehmen und nicht zu verdrängen. Was ärgert mich da eigentlich gerade genau? Warum macht gerade diese Person mich so wütend? Vor Kurzem bin ich einem guten Satz begegnet: „Was man denken kann, das muss man nicht tun.“ Aggressive Phantasien sind nicht gleich aggressive Taten – und sehr wahrscheinlich haben alle Menschen aggressive Phantasien. Ich denke, schwierig wird es dann, wenn Ärger, Aggression und Wut tabu sind: „Wehe ich denke nur daran, spreche darüber oder äußere gar diese Gefühle.“ Leider ist das oft auch in der Kirche der Fall. Wenn wir sie aber verdrängen, geraten sie umso eher außer Kontrolle und werden destruktiv.

Daher lohnt es sich, diese Gefühle anzuschauen und mit ihnen umzugehen. Manche Psalmen sind für mich dafür ein eindrucksvolles Beispiel: „Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten! Dass doch die Blutgierigen von mir wichen! Denn sie reden von dir lästerlich, und deine Feinde erheben sich mit frechem Mut. Sollte ich nicht hassen, Herr, die dich hassen, und verabscheuen, die sich gegen dich erheben? Ich hasse sie mit ganzem Ernst; sie sind mir zu Feinden geworden.“ (Aus Psalm 139) Wut bekommt eine Sprache, wird ausgesprochen und bekommt einen Raum, in dem wir mit ihr umgehen können. Denn Aggression und Wut gehören zu uns Menschen.

Felix Breitling


Donnerstag, 28. Januar

Hier ein Text, den ich diese Woche auf den Seiten der Bahnhofkirche (www.bahnhofkirche.ch) gefunden habe:

Augen-Blick

Augenblick bitte! Haben Sie einen Moment Zeit?

Das Auge für einen kurzen Moment auf etwas richten.

Eine kurze Zeitspanne, in der wir etwas erblicken, entdecken oder bestaunen.

Und in Zeiten von Corona wird ein Augenblick auch zum langen Blick in die Augen des Mitmenschen. Der Augen-Blick hat mit dem Tragen der Maske eine neue Gewichtung erhalten. Oftmals sehen wir von unseren Mitmenschen wirklich «nur» einen Augenblick.

Wenn die Augen nur das sind, was wir noch sehen vom Gesicht, dann lesen wir die Mimik des Gegenübers in den Augen. Das ist spannend und herausfordernd! Mir ist schon passiert, dass ich jemanden erst auf den zweiten Blick erkannt habe. Augenblicke dürfen so auch mal länger dauern.

Mathias Brandstätter

Masken-Blick
Bildrechte M.Brandstätter

Mittwoch, 27. Januar

Heute vor 76 Jahren wurde das KZ Auschwitz durch sowjetische Truppen befreit.
Eine meiner Lieblingsautorinnen, Lily Brett, ist Überlebende der zweiten Generation. Ihre Eltern haben getrennt von einander Auschwitz überlebt, sich in Feldafing als „displaced persons“ wiedergefunden und sind zwei Jahre nach der Geburt von Lily, 1948 nach Australien ausgewandert. Lily Brett selbst lebt inzwischen in New York City.
Aus dem Roman „Einfach so“ stammt das folgende Zitat:

Esthers Mutter (Rooshka Zepler) hatte eine Schulfreundin, die gemeinsam mit ihr Auschwitz und Stutthof überlebt hatte. Renia Buchbinder. Nach dem Krieg war Renia von einem sechsstöckigen Gebäude in den Tod gesprungen. Sie ließ ihre dreijährige Tochter zurück.
„Renia brachte sich vier Jahre nach dem Krieg um“, hatte Rooshka Zepler gesagt. „Sie hat vier Jahre gebraucht, um zu begreifen, was mit ihr geschah. Renia war schnell. Ich kann immer noch nicht glauben, was geschehen ist, obwohl ich es erlebt habe. Nach dem Krieg habe ich versucht, mich umzubringen, nachdem ich erfahren hatte, dass alle tot waren. Ich stand auf einer Brücke und versuchte zu springen. Aber ich konnte nicht. Stattdessen bin ich gegangen und habe deinen Vater gesucht.“

[Lily Brett: Einfach so, suhrkamp taschenbuch 3221, 1. Aufl. 2001, 1998 Franz Deuticke Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien-München, S. 175]

Verena Übler


Dienstag, 26. Januar

Die Lebensflocke

Eine alte Frau sitzt in ihrem Sessel und erzählt: „Ich habe viel gesehen in meinem Leben, manchmal vielleicht auch zu viel. Ich habe viel gelacht, auch viel geweint. Nie ging das Eine ohne das Andere. Leben eben.“ Sie lächelt. „Ich habe so viel erlebt. Mir wurde so viel geschenkt. So viel Verrücktes und so viel Gutes. Und auch die weniger guten Stunden habe ich doch gut überstanden. Aus manch einer schwierigen Situation bin ich gestärkt und erhobenen Hauptes hinausgegangen.“

Die alte Frau  erhebt sich aus ihrem Sessel und geht ans Fenster. Nachdenklich schaut sie den tanzenden Schneeflocken draußen zu und fährt fort: „Ich hatte so viele gute Lehrer, ich meine nicht nur die Lehrer in der Schule und in der Ausbildung, sondern auch die Weggefährten. Die Lehrer des Lebens, habe ich sie immer genannt. In guten und in schwierigen Zeiten. Die Gefährten, die mir das Tanzen beigebracht haben wie diesen Schneeflocken. Und die, welche den Boden bereitet haben, sodass ich zumindest sanft gelandet bin nach einem aufregenden Tanz im Sturm. Und die Gefährten, die mit mir durch das Leben gewirbelt wurden und wirbelten, Salto an Salto und Schulter an Schulter. Und manchmal auch gegeneinander. Aber alle hatten wir das gleiche Ziel: Leben.

Und nun, nun stehe ich hier, hier an meinem Fenster und beobachte die Schneeflocken, wie sie tanzen, wie sie dem Boden näher kommen und doch wieder in der Luft gewirbelt werden. Aber irgendwann landen sie doch unten und bilden – alle gemeinsam – eine Decke, eine weiße, flauschige Decke.“ Schmunzelt dreht sie sich um: „Ist es nicht ein schönes Bild? Alle Flocken gemeinsam bilden erst diese bezaubernde Schneedecke.“ Den Blick wieder zum Fenster murmelt sie vor sich hin: „Und ich bin so dankbar, Teil dieses Ganzen zu sein.“

Carolin Lochner


Montag, 25. Januar

Am Rande der Wüste lebte ein Einsiedler. Eines Tages besuchte ihn ein Mann und klagte sein Leid: "Ich lese so viele fromme Texte. Ich studiere die Bibel und vertiefe mich in die großen Theologen. Ich möchte die Worte und Gedanken bewahren, aber es gelingt mir nicht, alles vegesse ich! Die ganze mühevolle Arbeit des Lesens und Studierens ist umsonst." Der Einsiedler hörte ihm gut zu. Als er geendet hatte, zeigte er auf einen Binsenkorb. "Hol mir aus dem Brunnen dort drüben Wasser." Widerwillig nahm der Mann den von Staub verschmutzten Korb. Das Wasser lief durch die Binsen, so dass nichts übrig war, als er zurückkam. "Geh noch einmal!", sagte der Eremit. Der junge Mann tat es. Ein drittes und ein viertes Mal musste er gehen. Immer wieder füllte er Wasser in den Korb, immer wieder rann es zu Boden. Nach dem fünften Mal rief er: "Es hat keinen Sinn! Niemals kann so ein löchriger Korb das Wasser halten." "Sieh den Korb an", erwiderte der Einsiedler. "Er ist sauber. So geht es dir mit den Worten, die du liest. Du kannst sie nicht festhalten, sie gehen durch dich hindurch, und du hältst die Mühe für vergeblich. Aber - ohne dass du es merkst, klären sie deine Gedanken und machen dein Herz rein." (Legende)

Felix Breitling


Samstag, 23. Januar

In dieser Woche wurden und werden viele Gottesdienste zur Einheit der Christ*innen gefeiert. Auch bei uns ist es eine schöne Tradition mit unserer Nachbargemeinde St. Pius/Maria Ramersdorf. 
In der Vorbereitung für meine Predigt bin ich auf ein Bild gestoßen, das auf so einleuchtende Weise die Wechselwirkung von Ökumene und Gottesbeziehung beschreibt. Es geht auf Dorotheus von Gaza zurück, einen Mönch in Palästina im 6. Jahrhundert. Er schreibt:
Stellen Sie sich einen Kreis vor, der auf dem Boden gezeichnet ist. Stellen Sie sich vor, der Kreis ist die Welt, die Mitte ist Gott, und die Radien sind die verschiedenen Arten und Weisen, wie Menschen leben. Wenn die Heiligen (Anm.: das sind wir Menschen alle), die sich Gott nähern wollen, auf die Mitte des Kreises zugehen, dann werden sie in dem Maß, in dem sie ins Innere des Kreises vordringen, einander näherkommen; und je näher sie einander kommen, desto näher kommen sie Gott. Begreifen Sie, dass das Gleiche auch umgekehrt gilt, wenn wir uns von Gott abwenden und uns zur Außenseite des Kreises zurückziehen. Dann wird deutlich: Je mehr wir uns von Gott entfernen, desto mehr entfernen wir uns voneinander, und je mehr wir uns voneinander entfernen, desto mehr entfernen wir uns von Gott.
Was für ein einleuchtendes Bild! Aber eben auch herausfordernd. Denn, anderen nahezukommen, in Gemeinschaft mit anderen zu leben, die sich doch manchmal sehr von uns unterscheiden und uns so fremd sind, das kann eine ganz schöne Herausforderung sein. 
Es ist bequem, sich dieser Herausforderung zu entziehen, indem man sich voneinander entfernt. Allerdings entfernt man sich damit auch von Gott. 
Beten wir dafür, dass wir noch stärker zueinander finden, uns durch unsere Gemeinsamkeiten stärken und uns auf das Unterschiedliche einlassen. Auf diese Weise erfüllen wir den Auftrag Jesu, dem Motto der diesjährigen Gebetswoche:
„Christus spricht: Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen.“ Johannes 15, 8-9

Verena Übler


Freitag, 22. Januar

"Wenn das Wörtchen wenn nicht wär..." oder: Leben im Konjunktiv

„Ja, wir hätten einen großen Jahresempfang veranstaltet. Wir wären mit der Klasse zum Schlittschuhlaufen gegangen. Wir wären im Winter in den Urlaub gefahren. Ich hätte deutlich mehr verdient. Ich wäre nach meinem Schulabschluss ein Jahr in die USA gegangen. Ich hätte meinen Geburtstag groß gefeiert. Wenn Corona nicht wäre.“ Dem Konjunktiv begegne ich zurzeit vermehrt in vielen Gesprächen und auch bei mir selber. Stimmt ja auch: Vieles wäre anders gelaufen, wenn Corona nicht gekommen wäre. Und vieles ist hart, macht traurig und wütend.

Vielleicht kennen Sie auch diese Gedanken: „Hätte ich doch damals, dann …Wenn es früher anders gelaufen wäre...“ Ich kenne sie, aber ich mag sie nicht. Mit dem Konjunktiv hänge ich (verpassten) Möglichkeiten nach und lebe nicht in der Gegenwart, so wie sie ist. Glücklich macht der Konjunktiv meistens nicht.

Vor einiger Zeit habe ich das sogenannte Kölsche oder Rheinische Grundgesetz kennengelernt. Die ersten drei Artikel lauten: „Et is wie et ist. Et kütt wie et kütt. Et hätt noch immer joot jejange. (übersetzt: Es ist, wie es ist. Es kommt, wie es kommt. Es ist noch immer gut gegangen.)“ Zugegeben, etwas nüchtern, abgeklärt, aber auch mit einer Zuversicht, einem gewissen Gottvertrauen und einer Prise rheinischem Humor. Und durchaus eine Variante mit der Welt und dem Leben zurechtzukommen.

Ach, wenn`s doch bloß´so einfach wär.

Felix Breitling


Donnerstag, 21. Januar

Orgel in der Offenbarungskirche
Bildrechte M.Brandstätter

Die Orgel, das Instrument des Jahres 2021

Was haben Saxophon, Geige und Orgel gemeinsam?
Sie waren bzw. sind „Instrument des Jahres“: das Saxophon war es 2019, die Geige 2020 und in diesem Jahr ist nun die Orgel das Instrument des Jahres.
Leider sind momentan keine Konzerte erlaubt, sonst hätte das "Orgeljahr" an den großen Münchner Kirchen sicher mit einigen Konzerten angefangen. Der Münchner Orgelsommer, eine Veranstaltungsreihe der großen evangelischen Innenstadtkirchen konnte letztes Jahr zwar nur online stattfinden, aber unter www.muenchner-orgelsommer.de/ sind einige der aufgenommenen Orgelkonzerte noch anzuhören.

Die Orgel, von Wolfgang Amadeus Mozart als „Königin der Instrumente“ bezeichnet, ist ein sehr altes Instrument. Im alten Griechenland und bei den Römern wurde sie für Hausmusik genutzt und in Theater und Zirkus gespielt. Später waren die Orgeln zeremonielle Instrumente an den Kaiserhöfen und wurden schließlich von der Kirche immer mehr in Gottesdiensten genutzt, aus denen sie heute nicht mehr wegzudenken sind. Schon die gotischen Kathedralen besaßen große Orgeln, die vermutlich schwer spielbar waren und von mehreren Blasbalg-Tretern mühevoll mit Luft versorgt werden mussten. Da haben es die Organist*innen in der Offenbarungskirche heutzutage wesentlich einfacher - die Mechanik zwischen den Tasten und den Pfeifen ist sehr leichtgängig und ausreichend Luft ist immer auf Knopfdruck da.

Orgeln sind in der Regel aufwendige und teure Einzelanfertigungen, die speziell für einen bestimmten Kirchenraum entworfen werden. Also keine Instrumente, die man so einfach von der Stange kaufen kann.
In der Offenbarungskirche gab es bei der Einweihung 1962 zunächst noch keine Orgel, erst in den darauffolgenden Jahren konnte die Orgel geplant und finanziert werden. In dem Orgelbaumeister Ekkehard Simon aus Landshut fand die Gemeinde glücklicherweise einen hochmotivierten jungen Handwerker, der diese Orgel als eines seiner ersten Werke mit viel Hingabe, Können und zu sehr günstigen Konditionen erbaute. Die Einweihung der neuen Orgel erfolgte an Weihnachten 1966, also vor 54 Jahren. Dank der guten Qualität des Instruments und regelmäßiger Wartung ist sie auch heute noch in sehr guter Verfassung, wovon man sich in Gottesdiensten oder Orgelkonzerten überzeugen kann.

Von unten aus dem Kirchenraum sind mehrere Reihen von großen "Prospektpfeifen" sichtbar, aber die meisten der Pfeifen, die die ganze Klangfülle erzeugen, liegen verborgen dahinter. Insgesamt gibt es 1550 Pfeifen, die in 25 "Registern", d.h. Pfeifenreihen mit unterschiedlichen Klangfarben, zusammengefasst sind. Die längste Pfeife klingt am tiefsten und ist fast 3 Meter lang, die kürzeste misst weniger als einen Zentimeter und hat eine so hohe Frequenz, dass man sie nur mit einem guten Gehör wahrnehmen kann.

Bei der Abnahme der neuen Orgel urteilte der Orgelsachverständige Prof. Högner über das Werk:
"Jeder Laie kann sehen, dass hier mit einer liebenden Sorgfalt gearbeitet wurde...(und)...dass man es mit Herrn Simon mit einem Künstler zu tun hat."
Und abschließend schrieb er im Gutachten, "...,dass die neue Orgel als ein Meisterwerk betrachtet werden muss."

Erfreuen wir uns an dem Meisterwerk, mit dem hoffentlich noch viele weitere Jahre die Gottesdienste musikalisch gestaltet werden!

Mathias Brandstätter


Mittwoch, 20. Januar

Gelassenheit

Im letzten Jahr wurde sie vielfach gewünscht, angemahnt, ersehnt und eventuell auch verflucht: die Gelassenheit.
Ja, wir brauchen sie. Eine gehörige Portion davon, nach wie vor. 
Für Silvester hatte ich diesmal selbst Glückskekse gebacken. Die mit dem weisen Spruch auf einem Papierstreifen innen drinnen. Bei der Suche nach klugen Sprüchen bin ich auf dem Adventskalender des Sonntagsblatts fündig geworden:
„Gestern ist vorbei, morgen noch nicht hier und heute hilft der Herr.“
Hermann von Bezzel

Bestechend einfach, wahr und irgendwie tröstlich. 
Ich wünsche Ihnen damit für den heutigen Tag und darüber hinaus: Gelassenheit.

Verena Übler


Dienstag, 19. Januar

Innerlich reifen

Der zweite Tag der Gebetswoche zur Einheit der Christen steht unter dem Motto Innerlich reifen. Was damit gemeint ist, können zwei Bibelsprüche verdeutlichen:

Bleibt in mir und ich bleibe in euch (Johannes 15,4a)

Christus wohne in euren Herzen (Epheser 3,14-21)

Gebet

Heiliger Geist,

lass Jesus Christus in unserem Herzen wohnen

und hilf uns, das Geheimnis seiner Liebe immer besser zu erfassen.

Lehre uns, wie wir beten können,

erleuchte uns, wenn wir die Heilige Schrift lesen,

und handele durch uns,

damit die Früchte deiner Gaben in uns reifen können.

Amen.

Carolin Lochner

Genaueres zur Gebetswoche können Sie unter dem Link am Ende des Gedankens zum Tag vom 18. Januar erfahren.


Montag, 18. Januar

"Damit sie alle eins seien [...] damit die Welt glaube" (vgl. Joh 17,21) hat Jesus für seine Jünger gebetet. Dafür, dass alle Christinnen und Christen eins seien, wird in vielen Gemeinden auf der Welt jedes Jahr während der Gebetswoche für die Einheit der Christen gebetet. Traditionell findet sie vom 18. bis 25. Januar zwischen den Gedenktagen für das Bekenntnis des Apostels Petrus und die Bekehrung des Apostels Paulus statt. Da der Januar auf der Südhalbkugel Ferienzeit ist, feiern die Kirchen dort die Gebetswoche zu einem anderen Zeitpunkt, zum Beispiel zu Pfingsten, das ebenfalls ein symbolisches Datum für die Einheit ist. In vielen Gemeinden werden ökumenische Gottesdienste, Andachten und Gebete organisiert.

Die Texte für die Gebetswoche für die Einheit der Christen 2021 wurden von der monastischen Kommunität von Grandchamp in der Schweiz vorbereitet, die ihre Berufung im Gebet und in der Arbeit für Versöhnung und die Einheit in der Kirche und in der Menschheitsfamilie sieht. In diesem Jahr lautet das Thema: "Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen." (Joh 15,8-9).

Das Motto der diesjährigen Gebetswoche geht von den unterschiedlichen Facetten dieses Bibelwortes aus: ein Leben im Einklang mit sich selbst, den Nächsten und mit Gott. In Gottes Liebe zu bleiben heißt zunächst, mit sich selbst versöhnt zu werden.

Jesu Wort und seine Liebe befähigen zur Nächstenliebe: zur Liebe derjenigen, die uns als Christinnen und Christen anvertraut sind, aber auch zur Liebe zu anderen christlichen Traditionen. In Christus zu bleiben ist eine innere Haltung, die im Laufe der Zeit wächst. Durch das Bleiben in Christus wachsen so Früchte der Solidarität. Spiritualität und Solidarität sind untrennbar miteinander verbunden. Wer in Christus bleibt, empfängt die Kraft und die Weisheit, ungerechte und unterdrückende Strukturen zu bekämpfen, einander als Brüder und Schwestern in der einen Menschheitsfamilie zu erkennen und eine neue Lebensweise zu schaffen, die von Respekt und Gemeinschaft mit der ganzen Schöpfung geprägt ist.

Einklang mit sich selbst, mit Gott und den Nächsten ist damit der bleibende Auftrag, an den uns die Texte der Gebetswoche 2021 erinnern.

 

Den Livestream des Gottesdienstes zur Gebetswoche aus St. Matthäus am 21. Januar um 19.00 Uhr mit Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Bischof Sofian von Kronstadt finden Sie unter:

https://www.bayern-evangelisch.de/gebetswoche-fur-die-einheit-der-chris…

Felix Breitling


Samstag, 16. Januar

Sonne und Mond

Die Tageslosung heute steht in Psalm 121, 5-6:
Gott behütet dich; Gott ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts.

Draußen liegt Schnee und es sind Minusgrade. Ich tue mich schwer, mir im Augenblick die stechende Sonne des Hochsommers vorzustellen. Ich schließe kurz die Augen und da erinnere ich mich an einen Urlaub auf Sizilien. Wir laufen durch Palermo. Mittags. Die Sonne steht senkrecht und wir schleppen uns an den Häusern entlang von einem schmalen Schatten zum nächsten. Ohne Schatten würden wir es gar nicht aushalten. 
Sonne – so sehr ich mich gerade jetzt in den vielen trüben Tagen nach ihr sehne – kann erbarmungslos sein. Und so sind es auch manchmal Situationen, in denen ich mir so ausgeliefert vorkomme, wie auf einem schattenlosen Platz mittags in Palermo. 
Das mit der Sonne also kann ich nachvollziehen. Aber was ist mit dem Mond?
Kann der Mond stechen? Ich denke, nicht so, wie die Sonne. An Vollmondtagen allerdings sind viele Menschen unruhig. Sie schlafen schlecht, träumen wild und fühlen sich vom Mond bedrängt. 
Wie schön ist da dieses Versprechen: Gott behütet mich. Gott ist mein Schatten über meiner rechten Hand (ich denke mal, bestimmt auch über meiner linken…). Es kann mir nichts geschehen, weder am Tag noch in der Nacht.

Verena Übler


Freitag, 15. Januar

Zufriedenheit

Vorgestern traf ich auf der Straße einen älteren Herrn. Ich kenne ihn nicht näher, ab und zu begegnen wir uns auf dem Weg. „Und, wie geht es Ihnen?“ fragte ich ihn. „Mei, samma zufrieden“, antwortete er. Seitdem denke ich über seine Antwort nach – besonders über das Wort „zufrieden“.  Was bedeutet eigentlich, zufrieden zu sein? Die Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt hat ein Buch geschrieben mit dem Titel „Zufriedenheit. Wie man sie erreicht und warum sie lohnender ist als das flüchtige Glück.“ Ich habe es mir gestern gleich gekauft. Sie schreibt dort: „Zufriedenheit mag auf den ersten Blick die weniger attraktive, die weniger glamouröse Stiefschwester des Glücks sein. Aber sie ist verlässlich und auf Dauer erfüllend: Im Gegensatz zum großen Glück ist Zufriedenheit ein lang anhaltendes Gefühl, weniger aufjauchzend, weniger euphorisierend, aber ruhig und stabil. Anders als das stolze, sich stets nach vorne drängelnde Glücksgefühl wirkt die Zufriedenheit eher im Hintergrund.“

Mir persönlich kommt beim Wort „zufrieden“ immer das Lied „Gib dich zufrieden und sei stille“ („in dem Gotte deines Lebens“ geht es weiter) in den Sinn. Still sein und still halten, sich zufriedengeben, seinen Mund halten, schwingt für mich hier mit. Würde sich in dieser Welt je etwas ändern, frage ich mich, wenn wir uns einfach zufriedengeben und still sind? Daher glaube ich, ist Unzufriedenheit, gepaart mit Engagement und Verstand, durchaus wichtig.  

Aber worin liegt der Unterschied zwischen „sich zufriedengeben“ und „zufrieden sein“? Kann ich auch zufrieden sein und mich gleichzeitig nicht zufriedengeben? Fragen über Fragen. Jetzt werde ich erst einmal das Buch zur Zufriedenheit lesen – vielleicht gibt es mir ja ein paar Antworten. Und ich hoffe, dass ich bald wieder den älteren Herrn treffe, dessen Namen ich leider nicht weiß. Dann werde ich ihn fragen, wie er das meinte „Mei, samma zufrieden“ und was Zufriedenheit für ihn bedeutet. Und wenn Sie auf die Frage nach der Zufriedenheit eine Antwort haben (oder ganz andere Fragen), bitte schreiben Sie mir oder rufen oder sprechen Sie mich an.

Felix Breitling


Donnerstag, 14. Januar

Nur den Samen

Gräser
Bildrechte M.Brandstätter

Diese Geschichte stammt (leicht abgewandelt) aus dem Buch „Auf der Suche nach Sinn“ von Nossrat Peseschkian:

Eine junge Frau betrat im Traum einen Laden. Hinter der Theke stand ein älterer Mann. Hastig fragte sie ihn: „Was verkaufen Sie, mein Herr?“ Der Weise antwortete freundlich: „Alles, was Sie wollen.“ Die junge Frau begann aufzuzählen: “Dann hätte ich gerne die Welteinheit und den Weltfrieden, die Abschaffung von Vorurteilen, Beseitigung der Armut, mehr Einheit und Liebe zwischen den Religionen, gleiche Rechte für Mann und Frau, und...und...“
Da fiel ihr der Weise ins Wort: “Entschuldigen Sie, junge Frau, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen.“

Hätten wir nicht auch oft gerne fertige Lösungen für die vielen kleinen und großen Probleme, die es in unserem Leben und auf der Welt gibt?
Aber so einfach ist es leider nicht.
Es liegt vor allem an uns, ob aus einem Samen eine Frucht wird, ob ein Wunsch in Erfüllung geht, ob eine Idee, eine Vision verwirklicht wird.

Mathias Brandstätter


Mittwoch, 13. Januar

Die 4 Stimmen

Jeden Tag wirken sie auf uns ein, die vier Stimmen. Wieso vier - fragen Sie sich? 
Nun, da sind zunächst die privaten Stimmen: Familie, Partner*in, Freund*innen:
Hast du schon gehört? Hör doch mal zu! Ich muss dir was sagen. Wann hast du denn mal Zeit? Ab und zu auch: Schön, dass du zuhörst. Danke, dass du da bist. 
Dann gibt es die öffentlichen Stimmen aus dem Arbeitsumfeld: Könnten Sie nicht? Hören Sie mal... Wir bräuchten da.... Am besten in jedes Ohr eine andere Stimme – und natürlich gerne gleichzeitig.
Die dritte Stimme ist die innere Stimme. Die sagt so Sachen wie: Diese Woche hast Du schon wieder viel zu viel gearbeitet. Oder: Den Besuch musst du aber schon noch machen. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Also, von dir hätte ich aber mehr erwartet.
Gut, wenn es uns gelingt, auf eine 4. Stimme zu hören: Auf Gottes Stimme. Manchmal ist die leise und zart. Manchmal donnernd laut. Die Ohren verschließen kann man wahrscheinlich nicht, irgendwann muss man hinhören.
Und damit Wichtiges nicht einfach zum einen Ohr rein und zum anderen rausgeht, ist es gut zu unterscheiden, wann ist hören und wann ist zuhören angesagt. Im Englischen wird das ja sehr schön unterschieden: to hear und to listen. Letzteres, das Zuhören ist eine Gabe. Aber es ist auch erlernbar. Wir alle können es schon und wir alle lernen es noch. Und wenn es mal nicht so klappt mit dem Zuhören, dann ist das vielleicht auch ein Signal, dass wir Pause machen sollen und sie uns zuhalten, die Ohren - selbst verschließen können sie sich ja nicht. 
Und wenn es stimmt, was Hildegard von Bingen zugeschrieben wird, nämlich:
„Durch das Hören des Ohres wird das Innere des Menschen erschüttert” - dann dürfen, müssen wir uns diese Pausen auch zugestehen. Denn wieviel Erschütterung vertragen wir? 
Also: Wer Ohren hat, der höre - und verschließe. Je nach dem. 

Verena Übler


Dienstag, 12. Januar

Irischer Segenswunsch

Deine Hände mögen immer

ihr Werk finden,

und immer eine Münze in der Tasche,

wenn du sie brauchst.

 

Das Licht der Sonne

scheine auf dein Fenstersims.

Dein Herz sei voll Zuversicht,

dass nach jedem Gewitter

ein Regenbogen am Himmel steht.

 

Der Tag begegne dir freundlich,

die Nacht sei dir wohl gesonnen.

Die starke Hand eines Freundes

möge dich stets halten,

und Gott möge dein Herz erfüllen

mit Freude und glücklichem Sein.

Carolin Lochner


Montag, 11. Januar

An den Schluss seines Buches "Krummes Holz- aufrechter Gang. Zur Frage nach dem Sinn des Lebens"  aus dem Jahr 1970 hat der Theologe Helmut Gollwitzer die folgende Thesenreihe gestellt. Ich schätze diese Worte sehr. 

Thesenreihe V:

Womit bekommt man es zu tun, wenn man es mit dem Evangelium zu tun bekommt?

1. Nichts ist gleichgültig. Ich bin nicht gleichgültig.
2. Alles, was wir tun, hat unendliche Perspektive, - Folgen bis in die Ewigkeit; es hört nichts auf.
3. Es bleibt nichts vergessen. Es kommt alles noch einmal zur Sprache.
4. Wir kommen aus Licht und gehen ins Licht.
5. Wir sind geliebter, als wir wissen.
6. Wir werden an unvernünftig hohen Maßstäben gemessen.
7. Wir sind auf einen Lauf nach vorne mitgenommen, der uns den Atem verschlägt; Sünde heißt: Nicht mitkommen. Bitte um Vergebung heißt: deswegen nicht abgehängt werden.
8. Es geht nichts verloren.
9. Die Philosophen sprechen von der Suche nach Gott; aber das ist, wie wenn man von einer Suche der Maus nach der Katze spräche. Wir sind auf der Flucht vor Gott – und es wird uns auf die Dauer nicht gelingen. Es wird uns zu unserem Glück nicht gelingen.
10. Wir sind nicht allein.
11. Wir sind nie allein.
12. Dieses Leben ist ungeheuer wichtig.
13. Die Welt ist herrlich – die Welt ist schrecklich.
14. Es kann mir nichts geschehen – ich bin in größter Gefahr.
15. Es lohnt sich zu leben.

Fazit:

"Freundlicher Anblick erfreut das Herz, eine gute Botschaft labt das Gebein" (Spr. 15,30)

(aus: Helmut Gollwitzer, Krummes Holz - aufrechter Gang. Zur Frage nach dem Sinn des Lebens, München 1970, S. 382)

Felix Breitling


Samstag, 9. Januar

Nimm dir Zeit,
um zu arbeiten,
es ist der Preis des Erfolges.

Nimm dir Zeit,
um zu lesen,
es ist die Grundlage des Wissens.

Nimm dir Zeit,
um zu spielen,
es ist das Geheimnis der Jugend.

Nimm dir Zeit,
um zu träumen,
es ist der Weg zu den Sternen.

Nimm dir Zeit,
um froh zu sein,
es ist die Musik der Seele.

Nimm dir Zeit,
um nachzudenken,
es ist das Fundament deiner Kraft.

Nimm dir Zeit,
um freundlich zu sein,
es ist das Tor zum Glücklichsein.

Nimm dir Zeit,
um zu lieben,
es ist die Quelle wahrer Lebensfreude.

Nimm dir Zeit,
zu Demut und Bescheidenheit,
es ist der erste Schritt zur Selbsterkenntnis.

Nimm dir Zeit,
dich selbst zu erkennen und
du erkennst den Sinn deines Lebens.

<nach einer alten irischen Quelle>

Verena Übler


Freitag, 8. Januar

Die Schwerkraft spüren

Gott ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht wanken werde. (Ps 62,7)

Stärkt die müden Hände und die wankenden Knie und tut sichere Schritte mit euren müden Füßen. (Hebr 12, 12-13)

Einen guten Stand haben, die Schwerkraft spüren, verwurzelt sein, mich aufrecht halten, im Gleichgewicht sein, sichere Schritte tun.

Die heutigen Texte der Tageslosung lassen mich an zwei einfache Körperübungen denken, die im Sitzen und Stehen möglich sind:

Ich stelle mich aufrecht und richte meinen Blick in die Weite. Unter meinen Füßen spüre ich den Boden und die Erde, die mich trägt. Ich stelle meine Füße etwas weiter auseinander und bekomme einen festen Stand. Ich lote meinen Stand aus, und gebe in den Knien etwas nach. Über meine Wirbelsäule hin zum Kopf spüre ich, wie ich aufrecht stehe. Ich lasse die Schultern fallen und gebe im Ausatmen alle Anspannung ab. Nach ein paar Minuten lote ich erneut meinen Standort aus, suche und finde ihn.

Ich setze mich bequem hin. Das Becken liegt deutlich höher als meine Knie. Ich spüre den Boden unter meinen Füßen und richte meinen Blick ins Weite. Ich stelle mir vor, durch meine Körpermitte hindurch geht ein Lot in die Erde. Ich atme aus und erlebe bewusst die tragende Wirkung der Schwerkraft.

(Beide Übungen gefunden in und zitiert nach: Peter Dyckhoff, Atme auf. 77 Übungen zur Leib- und Seelsorge, München 2001.)

Felix Breitling


Donnerstag, 7. Januar

Stunde der Wintervögel

Meise am Futterhäuschen
Bildrechte M.Brandstätter

Seit gestern liegt in München endlich Schnee, die Kinder rodeln mit dem Schlitten die Parkhügel herunter und an den Futterstellen in den Gärten und auf den Balkons drängeln sich die Vögel - oder auch nicht?
Bei mir jedenfalls hat sich schon seit Wochen kaum ein Vogel sehen lassen, obwohl leckere Meisenknödel und Sonnenblumenkerne auf sie warten. Höchstens ab und zu eine Amsel und selten ein oder zwei Meisen. Und bei den Nachbarn schaut es anscheinend auch nicht besser aus. Selbst bei meinen Eltern, die in einem kleinen Dorf auf dem Land leben, kommen in den letzten Jahren kaum noch Vögel an die Futterstellen in den Garten.

Kein Wunder, denn nicht nur in Bayern, sondern in ganz Europa gehen die Vögel überall dramatisch zurück, seit 1980 um über die Hälfte. Ursachen dafür gibt es viele, vor allem:

  • die Klimakatastrophe mit den inzwischen überall spürbaren Auswirkungen auf Temperatur, Wetter und Ökosysteme
  • die fehlende Nahrung durch das Aussterben der Insekten, die in den letzten 30 Jahren um 70-80% weniger geworden sind
  • fehlende Brutmöglichkeiten durch intensive Landwirtschaft und Verlust an artenreichen Wiesen und Brachflächen

Teilweise sind die Vögel schon vom Land in die Stadt gezogen, aber auch hier wird es für sie immer schwieriger, weil unbebaute oder naturbelassenen Plätze und Gärten zunehmend verschwinden. Wobei alle, die einen Garten oder Balkon haben, direkt dazu beitragen können, den Vögeln und Insekten das Überleben zu erleichtern.
Laut LBV (Landesbund für Vogelschutz) ist die Fläche aller Hausgärten in Deutschland zusammen ungefähr so groß wie die gesamte Fläche aller Naturschutzgebiete. Wenn all diese Hausgärten für Vögel und Insekten genügend Lebensraum bieten würden - was am einfachsten durch naturbelassene Ecken und Anbau von heimischen Pflanzen geht - dann würde das in Summe viel bewirken können.

Wichtig ist aber auch, verlässliche Zahlen zu haben, um Trends besser zu erkennen. Und da können wir alle mithelfen, denn von morgen, 8. Januar bis zum Sonntag ist in Bayern wieder die große WInter-Vogelzählung: Einfach nur eine Stunde lang aus dem Fenster schauen und aufschreiben, wieviele Vögel maximal gleichzeitig von einer Vogelart zu sehen sind. Alle weiteren Informationen dazu sind hier zum Nachlesen:
https://www.lbv.de/mitmachen/stunde-der-wintervoegel/

Mathias Brandstätter


Mittwoch, 6. Januar

Epiphanias - Dreikönigsfest

Es leuchtet der Stern.
Viel kannst du nicht mitnehmen auf dem Weg.
Und viel geht dir unterwegs verloren.
Lass es fahren.
Gold der Liebe,
Weihrauch der Sehnsucht,
Myrrhe der Schmerzen 
hast du ja bei dir.
Er wird sie annehmen.

Dieser Text stammt von dem römisch-katholischen Theologen Karl Rahner (1904-1984). 
Er hatte großen Einfluss auf das II. Vatikanische Konzil und war überhaupt einer der maßgeblichsten katholischen Theologen des 20. Jahrhunderts. Mir gefällt, dass einer, der so tief in die Theologie eingetaucht ist und zahllose Bücher und Artikel anspruchsvollster Art geschrieben hat, mit so wenigen, treffenden Worten unser Leben vor Gott auf den Punkt bringt.
Was ist Ihr Gold, Ihr Weihrauch, Ihre Myrrhe auf Ihrem Weg? Was ist schon alles verloren gegangen, und wird bei rechter Betrachtung gar nicht vermisst? 
Wie tröstlich, dass Gott das alles annimmt, was wir bei uns haben und was uns ausmacht  - Liebe, Sehnsucht, Schmerzen. 
Also nur zu, folgen wir dem Stern!

Verena Übler


Dienstag, 5. Januar

 

Motto für das Jahr 2021

Haben Sie sich ein Motto für dieses Jahr, 2021, gegeben? Oder etwas vorgenommen?

Wie wäre es hiermit? Jauchzet dem Herrn, alle Welt. Der Wochenpsalm, der Psalm 100, ruft zum Lob Gottes auf. Mit Nachdruck. Und mit Freude. Bei allem, was wir tun. Bei allem, was der Tag so mit sich bringt. Und auch bei allem, was dieses Zeiten von uns verlangen:  

Jauchzet dem Herrn, dienet dem Herrn mit Freuden. Denn der Herr ist freundlich und seine Güte währet ewig und seine Wahrheit für und für. Gott blickt freundlich auf uns. Auch im Jahr 2021.

Psalm 100

Jauchzet dem Herrn, alle Welt!

 Dienet dem Herrn mit Freuden,

kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!

 Erkennet, dass der Herr Gott ist!

Er hat uns gemacht und nicht wir selbst

zu seinem Volk und

zu Schafen seiner Weide.

Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben; danket ihm, lobet seinen Namen!

Denn der Herr ist freundlich, und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für.

Vielleicht kann diese Vertonung durch den heutigen Tag begleiten: https://www.youtube.com/watch?v=bFqpGnuguHc

Carolin Lochner


Montag, 4. Januar

In den ersten Tagen des Jahres übertrage ich vorgemerkte Termine in meinen neuen Kalender. Am Anfang ist der Kalender noch unbeschrieben, nach und nach füllen sich die Tage. Nein, stop, das stimmt so nicht: Ich fülle die Tage mit Terminen. Kalender füllen sich nicht von alleine.

Im alten Jahr noch suchte ich mit jemandem nach einem gemeinsamen Termin. Er blätterte mehrfach den Kalender durch: „Ich versteh`s nicht, aber der ganze Januar ist schon voll, da ist kaum noch was möglich. Und das ist erst der Januar. Das darf so nicht weitergehen im nächsten Jahr.“

Auch wenn wir „eingespannt“ sind, können wir bewusst freie Zeiten einplanen, Zeiten für unvorhergesehene Termine und Ungeplantes, Zeit für Freunde und Familie, Zeit für uns alleine, Zeit, die wirklich einfach nur frei ist, Zeit für Gott. Diese Möglichkeit haben wir. Denn die Gefahr ist, dass wir uns im Strom der Zeit selbst verlieren.

Vom evangelischen Theologen Friedrich Schleiermacher stammen die Worte: „Sorge nicht um das, was kommen wird, weine nicht um das, was vergeht: aber sorge, dich selbst nicht zu verlieren, und weine, wenn du dahintreibst im Strome der Zeit, ohne den Himmel in dir zu tragen.“

Sei da, jetzt im Moment, sei bewusst in der Gestaltung Deiner Zeit, setze nicht einen Termin nach dem anderen und sorge Dich, dich nicht selbst zu verlieren. Dein Leben besteht nicht nur aus Arbeit und wenn Du Deine Zeit gestaltest und die Deiner Mitmenschen, dann denke daran: Wir sind mehr als Termine, Pflichten und Arbeit - Wir tragen den Himmel in uns.

Felix Breitling


Samstag, 2. Januar 2021

Die guten Vorsätze

„Lass Dich fallen.
Lerne Schlangen zu beobachten.
Pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemand Gefährliches zum Tee ein.
Mache kleine Zeichen, die „ja“ sagen und verteile sie überall im Haus.
Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
Freue Dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen, schaukle so hoch Du kannst mit Deiner Schaukel bei Mondlicht.
Pflege verschiedene Stimmungen, verweigere „verantwortlich zu sein“,
tu es aus Liebe.
Glaube an die Zauberei, lache eine Menge.
Bade im Mondschein.
Träume wilde, phantasievolle Träume.
Zeichne auf Wände.
Lies jeden Tag.
Stell Dir vor, du wärst verzaubert.
Kichere mit Kindern. Höre alten Leuten zu.
Spiele mit allem.
Unterhalte das Kind in Dir, Du bist unschuldig.
Baue eine Burg aus Decken, werde nass, umarme Bäume,
schreibe Liebesbriefe.“

Nein, das stammt nicht von Pippi Langstrumpf, sondern wird Joseph Beuys zugeschrieben.
Viel Spaß damit.

Verena Übler


Freitag, 1. Januar 2021

Sei getrost

„Sei getrost und unverzagt“ spricht Gott zu Josua (Josua 1, 1-9). Er soll sich aufmachen in das Land, das vor ihm liegt, in ein unbekanntes Land.

Das neue Jahr. Vor uns, wie ein weites unbekanntes Land.Über die Schwelle treten wir vom Alten hinüber zum Neuen.

Was wird werden? Was werden wir hinter uns lassen? Was neu beginnen? Über welche Höhen werden wir gehen, durch welche Tiefen? Wann wird der Virus nicht mehr unser Leben beeinträchtigen und bedrohen?

"Komm, mach dich auf und sei getrost und unverzagt", spricht Gott.
Gott, bei dem nichts unmöglich ist.
Gott, auf den ich hoffe.

Gott, der Unergründbare. Der Menschgewordene.
Der uns und die Zeit in Händen halt
Gott, auf den ich vertraue.

Der spricht: Komm, mach dich auf und geh getrost ins neue Jahr.
In die Zeit, die vor uns liegt und die Gott uns schenkt.
In Gott weiß ich mich geborgen, was immer auch ist.

Wir wünschen Ihnen für das neue Jahr 2021 alles Gute und Gottes Segen. Die Predigt aus dem Gottesdienst zum Neujahrstag finden Sie heute Abend zum Nachhören auf unserer Internetseite.

Felix Breitling