April 2023

Freitag, 28. April

Kintsugi
Bildrechte Riho Kitagawa

In dieser Woche hat mir jemand eine Kintsugi-Schale gezeigt. Kintsugi (Goldverbindung) ist eine alte japanische Kunst, zerbrochene Keramik mit Goldkleber zu reparieren. Die Bruchlinien bekommen durch den goldfarbenen Kleber etwas Kostbares.
Kintsugi wird mittlwerweile bei uns aber auch im übertragenen Sinn verwendet: Wie gehen wir mit Brüchen, Verletzungen, Narben um? Wie gehen wir mit Fehlern um, dem nicht Perfekten?
In welcher Farbe sehen wir unsere Bruchlinien? In Schwarz? Oder doch auch irgendwann in Gold, weil sie zu meinem Leben gehören? Es dauert lang, bis eine zerbrochene Keramik mit dem Goldkleber wieder zusammengefügt ist. Es dauert lang, bis Verletzungen nachlassen, Narben weniger schmerzen (wenn das überhaupt jemals der Fall ist).
Es hat mich zum Nachdenken gebracht.

Felix Breitling


Mittwoch, 26. April

Es gibt so viel, was man nicht muss!

Das war gestern das Thema beim Seniorennachmittag. Es ist auch der Titel eines Buches von Thomas Sjödin, einem schwedischen Pastor. Sybille Lohrer brachte uns seine Gedanken näher, die der Autor in vielen kurzen Kolumnen in dem Buch veröffentlicht hat. Egal, ob es um die schwierige Frage „Wie geht’s?“ ging (was soll man darauf wirklich antworten, wenn man sich z.B. im Supermarkt begegnet?) oder um das noch schwierigere „Alles klar?“, oder um das Glück des Verzichtes oder um das scheinbar sinnlose „Herumpusseln“, ich musste innerlich und äußerlich immer wieder zustimmend lächeln und nicken.
Besonders gefallen haben mir die drei wichtigsten Sätze für‘s Leben:
1. Ich liebe dich.
2. Ich habe Zeit für dich.
3. Essen ist fertig!
Aus vollem Herzen stimme ich Satz 3 zu, denn wie schön ist es, wenn jemand für mich kocht und ich mich an den gedeckten Tisch setzen darf. Bauch, Herz und Seele werden gefüllt mit Essen und Gemeinschaft. 

Verena Übler

P.S. Noch etwas zum Schmunzeln. Eine Teilnehmerin erzählte folgende Geschichte von ihrem Enkel, 3 Jahre alt: Eines Tages als es um’s Essen ging, verkündete er, dass Oma die besten Knödel macht und Mama die besten Fertiggerichte. Oma und Mama stutzen, denn auch Mama kocht immer frisch. Irgendwann fiel der Groschen: Wenn der Enkel in seinem Zimmer spielt, wird er so zum Essen gerufen: Komm, Essen ist fertig! Also: Ganz klar, Mama kocht Fertig-Essen = Fertiggerichte. 


Montag, 24. April

Gärtnern

Ein chinesisches Sprichwort lautet:

Willst du eine Stunde lang glücklich sein, dann betrinke dich.
Willst du drei Tage lang glücklich sein, dann heirate.
Willst du eine Woche glücklich sein, dann schlachte ein Schwein.
Willst du ein Leben lang glücklich sein, dann werde Gärtner.

Vor ein paar Tagen wurden die ersten Hochbeete an der Offenbarungskirche wieder hergerichtet für die neue Pflanzsaison. Und wirklich, es macht den Gärtner*innen sichtlich Freude, mit den Händen in Erde zu wühlen, zu säen und pflanzen, zu hegen und pflegen.
Auch die Krautäcker auf dem Michaelianger wurden jetzt wieder zum Beackern vorbereitet, und es ist ein Freude, wenn dort im Sommer alles wächst und blüht.

Die Aussage „Willst du ein Leben lang glücklich sein, dann werde ein Gärtner“ lässt sich auch übertragen verstehen. Wenn wir Beziehungen pflegen, wenn wir uns um einander kümmern und füreinander da sind, dann tut uns das gut. Wenn wir uns mit liebevollen Worten begießen, wenn wir uns mit gutem Rat düngen und mit konstruktiver Kritik bejäten, werden wir wachsen und reifen. Seien wir einander gute Gärtnerinnen und Gärtner. Auf dass wir ein Leben lang glücklich sind.

Mathias Brandstätter


Freitag, 21. April

In einer zweiten Klasse, in der ich ab und zu bin, ist es üblich, dass sich die Kinder regelmäßig Zeit nehmen für die "freundlichen zehn Minuten".
Alle Kinder aus der Klasse sagen zu einem Kind in dieser Zeit wirklich nur Freundliches: "Ich freue mich, dass Du mit mir in einer Klasse bist." - "Ich finde, Du hast ein schönes Lächeln." -
"Du bist hilfsbereit und ich weiß, dass ich mich auf Dich verlassen kann." - "Ich finde es toll, wie gut Du malen kannst."
Am Dienstag konnte ich während der zehn freundlichen Minuten dabei sein und ich war sehr beeindruckt von der Atmosphäre im Klassenzimmer. Die Kinder haben sich Gedanken gemacht zu ihrer Mitschülerin und haben schöne Worte für sie gefunden.
Es war der Schülerin anzumerken, wie gut ihr die freundlichen, wertschätzenden Worte ihrer Mitschüler*innen tun.
Mich haben diese zehn Minuten sehr bewegt und ich glaube, die Schüler*innen haben in dieser Zeit viel, viel gelernt.

Felix Breitling


Montag, 16. April

Erster evangelischer Gottesdienst in Berg am Laim

Vor fast genau 120 Jahren, am Ostermontag, dem 13. April 1903 fand eine denkwürdige Veranstaltung in Berg am Laim statt: der erste evangelische Gottesdienst, den Pfarrvikar Dr.Ulmer aus Perlach hielt.

Damals gab es nur wenige Protestanten in München und Umgebung, und die Berg am Laimer gehörten zusammen mit Trudering und anderen Gemeinden im Münchner Osten zur Perlacher Kirchengemeinde St.Paulus. Der Perlacher Pfarrvikar Dr.Ulmer setzte sich sehr dafür ein, dass auch in Berg am Laim evangelische Gottesdienste gehalten werden konnten, und mit viel Engagement und Überzeugungskraft erhielt er schließlich die Genehmigung, im alten Berg am Laimer Schulhaus (das heute noch an der Baumkirchner Straße steht) einen Betsaal einzurichten.
Der Betsaal lag auf dem rechts abgebildeten Foto an der Südseite, hinter den nah beieinander liegenden Fenstern im 2. Stockwerk.

In unserer alten Pfarrchronik, die in den 1930-er Jahren angefangen wurde, steht dazu:
"Zu diesem und den späteren Gottesdiensten kamen nicht nur die Glaubensgenossen aus Berg am Laim, sondern auch viele Freunde und Gönner aus München und Trudering, ja sogar bis von Haar, Grasbrunn, Brunntal und anderen Orten kamen Glaubensbenossen, die sich an den Predigten Dr.Ulmers erquickten und labten, sodaß Dr.Ulmer in seinem ersten Berichte freudig rühmen konnte: Es darf mit Freude bemerkt werden, daß der Besuch der Gottesdienste nicht nur an jenem ersten Gottesdienste, sondern auch weiterhin öfters so stark war, daß die ziemlich große Anzahl der Sitzplätze (trotz einer späteren Mehrung derselben um drei Bänke) nicht ausreichte."

Die Ausstattung des Betsaals stammte laut Chronik u.a. aus Fünfbronn (Altar) und Schwabing (Kirchenbänke, Altargeräte und Talar). Ein Harmonium konnte durch Spenden gekauft werden und das Altarbild "Der gute Hirte" war von einem Pfarrer Bickel aus Mönchsroth gemalt und gestiftet worden.

1917 zog der Betsaal in eine angemietete Wohnung im gegenüberliegenden Aumüllerhaus um, bis dann 1928 das heutige Gemeindehaus an der Schildensteinstraße gebaut und dort ein neuer großer Betsaal für die 1929 gegründete Berg am Laimer Pfarrei eingerichtet werden konnte.

Mathias Brandstätter


Karfreitag, 7. April

Die Predigt zum Karfreitag, Pfarrer Felix Breitling


Montag, 3. April

Schlafende Jünger

In der Nähe von Beram, einem kleinen Ort in Istrien, steht die unscheinbare Kirche "Maria im Fels" einige Gehminuten außerhalb des Dorfes mitten im Wald am Friedhof. Von außen wies nichts darauf hin, welcher Schatz sich darin verbirgt, als wir im Urlaub letztes Jahr dort vorbei kamen. Nur auf einem handgeschriebenen Zettel am verschlossenen Eingang stand die Telefonnummer der freundlichen Mesnerin, die nach einem Anruf aus dem Dorf herüber kam und für uns die Kirche aufsperrte.
Innen war es sehr dunkel, aber trotzdem ein überwältigender Anblick - alle Wände waren über und über mit leuchtend bunten Fresken aus dem Mittelalter bedeckt, die im 15. Jahrhundert, vor fast 550 Jahren gemalt worden waren.

Es ist ein Wunder, dass die Fresken erhalten geblieben und noch in einem so guten Zustand sind, sie wirkten wie frisch gemalt. Irgendwann waren die Bilder wohl nicht mehr gewünscht und wurden überputzt, auch nahm man bei nachträglichen Fensterdurchbrüchen und anderen Veränderungen keine Rücksicht auf die darunterliegenden Fresken. Aber die kleine Friedhofskirche blieb über die Jahrhunderte stehen und erst vor ungefähr einhundert Jahren wurden die Fresken unter dem Verputz zufällig wieder entdeckt. Gegenüber einer früher wohl meist geöffneten Seitentür waren die Fresken durch jahrzehntelange Sonnenbestrahlung verbleicht, aber inzwischen wird die Kirche nur noch bei Bedarf geöffnet und es gibt auch kein elektrisches Licht darin.  

Die Wände zeigen vor allem Szenen aus dem Leben von Maria und Jesus, sowie allegorische Bilder über die Endlichkeit des menschlichen Lebens.
Ich habe zur Karwoche eine Szene vom Ölberg ausgewählt. Man sieht hier die schlafenden Jünger. Sie wirken so modern und nahe, es ist kaum zu glauben, vor wie langer Zeit sie gemalt wurden.

Mathias Brandstätter