Instrumentalisierung der Weißen Rose

Transkription eines Gesprächs zwischen

Dr. Hildegard Kronawitter, Vorsitzende und ehrenamtliche Geschäftsführerin der Weiße Rose Stiftung e.V.
und
Martin Becher, Geschäftsführer des Bayerischen Bündnisses für Toleranz - Demokratie und Menschenwürde schützen

Martin Becher (M.B.): Mich würde mal als Allererstes interessieren: die Instrumentalisierungsversuche der Weißen Rose, der Geschwister Scholl, insbesondere Sophie Scholls, seit wann nehmen Sie das wahr? Sie machen die Arbeit durchaus schon etwas länger. Hat es das schon immer gegeben? Gibt es da Veränderungen? Einfach mal, um die Phänomene zu beschreiben: Wird es aggressiver? Wie ist das?

Dr. Hildegard Kronawitter (H.K.): In der Tat, es gibt Wellen. Und diese Wellen können wir sogar einigermaßen zeitlich zuordnen. Beispielsweise hat 2017 die AfD mit einem Wahlplakat geworben: „Sophie Scholl würde AfD wählen“. Das war damals ein ziemliches Aufbegehren, weil nicht nur wir als Weiße Rose Stiftung das völlig unangemessen gefunden haben, sondern weil wir auch viele empörte Zuschriften bekommen haben, über diesen, ich sage es: Missbrauch. Seit etwa einem knappen Jahr, seit die sogenannten Querdenker unterwegs sind, gibt es eine andere Welle mit einem anderen Bezug. Vorher hat es in München hier Pegida-Gruppierungen gegeben, die sich auf die Weiße Rose berufen haben, ja sogar so weit gingen, eine ‚Neue Weiße Rose‘ zu gründen und damit sogar an die Öffentlichkeit gegangen sind. Diese, ich sage mal, Gründung, die ja immer noch im Internet zu finden ist, war natürlich ein Missbrauch im Kontext der Pegida-Aktivitäten. 2017 war es mehr isoliert ein AfD-Kreisverband. Aber die Querdenker, das ist jetzt sehr weitgehend, weil bundesweit immer wieder der Bezug zur Weißen Rose und speziell auch zu Sophie Scholl [gezogen wird]. Auch vor diesem Hintergrund haben wir auf unserer Homepage eine klare Abgrenzung. Uns ist aber klar, dass uns keine weiteren Handhaben zur Verfügung stehen, als es als Missbrauch zu bezeichnen und die Unterschiede zwischen heute und der doch sehr brutalen NS-Diktatur herauszustellen.

M.B.: Diese ‚Neue Weiße Rose‘ [stammt] ja [aus dem] Umfeld, wen ich mich recht erinnere, Michael Stürzenbergers und diesen ganzen Gruppierungen, die [sich] mit Pegida zusammentun. Aber das gab es ja schon fast vor Pegida 2015.

H.K.: Ja, ich kann mal sagen, es ist der Extremist Stürzenberger, der aber, so meine Einschätzung, eine geringe Reichweite hat. Wir hören es gerade in Zuschriften, dass er auch derzeit da aktiv ist. Wobei ich denke, dass Stürzenberger in seiner Radikalität nicht vermitteln kann, dass er sich zurecht mit der Weißen Rose identifiziert. Man muss festhalten, die Weiße Rose ist als Begriff für die Gruppe nicht schützbar, denn es gibt andere Gruppierungen, beispielsweise bezeichnete sich eine katholische Mädchengruppe in den 30er Jahren als Weiße Rose. Ich denke auch, man muss hier nicht versuchen, das Wort zu unterbinden. Sondern wir wollen dazu beitragen, dass man die Unterschiede erkennt und deshalb sagt: Das ist unangemessen, das ist schlecht, dass ist missbräuchlich.

M.B.: Das ist spannend, was Sie im Prinzip da schildern. Kann ich denn davon ausgehen, dass in all den Jahren vorher, also, bevor Stürzenberger und solche Leute damit angefangen haben, was ja letztlich eine Sache des letzten Jahrzehnts ist, dass es vorher solche Formen der Inanspruchnahme der moralischen Autorität der Geschwister Scholl und der Weißen Rose durch keine Seite gegeben hat. Ist das richtig?

H.K.: So wie ich es einschätze, ja, es ist richtig und ich denke, das hängt schon auch mit den neuen Medien zusammen. Da hat man eine völlig andere Verbreitungsebene. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass man viel mehr als früher jetzt den Bedarf sieht: man will sich moralisch legitimieren, wenn man extrem ist. Man will sagen: „Ich lehne diese Corona-Restriktionen ab, aber ich bin da im Widerstand, sehe mich in einer Tradition mit der Weißen Rose“. Das ist dieser Anspruch, der sich damit verbindet.

M.B.: Noch zum Aspekt dieser ganzen Phänomene. Es gab ja 2018 diese großen Kundgebungen in Chemnitz, die meines Erachtens ja für den Radikalisierungsschub innerhalb der AfD sehr wichtig war. Wo sie damals nach dieser Auseinandersetzung, dieser Messerstecherei, durch die Straßen gezogen sind. Damals ist auch Björn Höcke mit Jan Kalbitz und vielen anderen Rechtsextremisten durch Chemnitz gelaufen. Da trugen sie auch eine weiße Rose am Revers, ganz bewusst. Wie ist das bei Ihnen aufgeschlagen? Wie haben Sie das wahrgenommen? Gab es dann auch Reaktionen bei Ihnen?

H.K.: Wir haben natürlich diesen sogenannten Trauermarsch mit der weißen Rose beobachtet, auch sehr hart kritisiert. Wobei dann von diesen Leuten gesagt wird: „Es ist doch unbenommen, sich eine weiße Rose ins Revers zu stecken, denn das entspräche einer irgendwie gearteten Tradition.“ Trotzdem ist die Assoziation gerade von dieser Gruppe zur Weißen Rose, also einer der bekanntesten Widerstandsgruppen, schon meiner Einschätzung nach gezielt gesucht worden. Es war eine subtile Provokation von Anfang an angelegt. Und in diesem Zusammenhang hatte [ich] mich da sowohl auf unserer Homepage als auch in dem Video klar abgegrenzt und sehr scharf kritisiert. Und das war das einzige Mal, dass wir heftige Zuschriften und Kritik bekommen haben. Ich habe damals auch zu meiner Mitarbeiterin, die Social Media bearbeitet und da auch sehr viel versteht, gesagt: „Nein, wir antworten nicht darauf, sondern wir löschen es, wo es für uns möglich ist, aber Antworten heißt, man lässt sich in einen Dialog zwingen, der eigentlich nur der anderen Seite nutzt.“

M.B.: Wir benennen das als Meta-Kommunikation. Das heißt also implizit, wenn man widerspricht, wir akzeptieren dich als sakrosankten, genehmigten Gesprächspartner. Das wollten sie damit zum Ausdruck bringen.

H.K.: Ja, ja, genau.

M.B.: Aber Sie sind ja jetzt schon dankenswerterweise auf die Motivationen zurückgekommen. Sie haben einerseits gesagt, subtile Provokation, ich denke, es ist dieses Augenzwinkernde. Was wir hauptsächlich in diesen Feldern erleben, die nicht mehr rein neonazistisch unterwegs sind, von den Rechts-extremen, sondern die dann auch versuchen so ein bisschen, ja, subtil zu argumentieren, um sich ein Stück weit nicht ganz so ausdrücken und nicht ganz explizit deutlich werden mit dem, was sie sagen wollen, sondern es ganz subtil mit einem Augenzwinkern machen. Das ist eine Motivationssache. Das zweite, was sie sagen, ist moralische Legitimation. Was glauben sie, was ist das besondere an der Weißen Rose, dass so reizt, dass es für Jana aus Kassel oder für den Trauermarsch in Chemnitz oder für jemanden wie Herrn Stürzenberger, dass das Ihnen potenziell moralische Legitimation erteilt? Was ist da das Besondere?

H.K.: Die Weiße Rose ist sehr bekannt und aus dem Kreis der Weißen Rose ist Sophie Scholl sicherlich die bekannteste. Also, wenn man die Widerstandsgruppe auf sich bezieht, bedeutet es, dass man bei vielen Menschen ein gewisses „Aha-Erlebnis“ provozieren kann. Dan heißt es: „Ah ja, die Weiße Rose, da habe ich schon davon gehört.“ Das eine ist somit die Bekanntheit. Das zweite ist, auch weniger gut informierte Personen wissen, dass der Widerstand der Weißen Rose ein sogenannter Aufstand des Gewissens war. Dieser Widerstand ist nicht an eine politische Gruppierung oder eindeutig an die evangelische oder katholische Kirche und deren Widerstandsaktivitäten oder an politische Gruppen gekoppelt, sondern er steht für sich selbst. Beispielsweise wissen wir beispielsweise von kommunistischer Seite, z.B. der Roten Kapelle, dass der Widerstand sehr, sehr heftig und wirkungsvoller als der der Weißen Rose war. Aber er gilt er als kommunistischer Widerstand, weswegen man sich nicht ohne weiteres darauf beziehen möchte. Es ist somit einmal die Bekanntheit, andererseits dieses nicht eingebettet zu sein in einen Kontext, der für sich selbst schon eine deutliche politische Aussage macht. Und das weitere ist noch die Identifikation mit den jungen Studenten, mit diesen sympathischen Leuten. Wir kennen, beispielsweise von Sophie Scholl Fotos, die uns auch heute noch geradezu hinreißen, weil sie so selbstbewusst, sicher, klardenkend erscheint. Also es wirkt zusammen. Und es ist immer sehr viel schöner, sich mit jemandem zu identifizieren, den alle Menschen ziemlich sympathisch finden, als jemandem, bei dem man sich denkt: „Mh, was sollte denn das?“

M.B.: Also ich weiß noch, als ich selbst bei der Gedenkstelle für den deutschen Widerstand angefangen habe zu arbeiten, das ist jetzt 35 Jahre her, da hat man so vom westdeutschen Dreiklang des Widerstandes gesprochen: das war August von Galen, das war Staufenberg und das war die Weiße Rose. Die haben natürlich super gut in diesen bürgerlichen Widerstand gepasst. Damit wurde Kirche abgedeckt, Militär abgedeckt, der Adel abgedeckt und so weiter. Und das hat so ein bisschen der Widerstanderzählung der DDR gegenübergestellt, die ja sehr stark auf den kommunistischen, den sozialdemokratischen, den Arbeiterwiderstand fixiert war. Und das ist so der eine Punkt, der mir unmittelbar einleuchtet und das andere ist dieses Ikonenhafte. Sophie Scholl hat schon diesen ikonografischen Status, würde ich sagen. Und ich finde das sehr spannend, was sie sagen zu der Jugendlichkeit, der Unverbrauchtheit. Also meine Assoziation ist es auch momentan, [dass es] eine neue Generation junger Menschen [gibt], die sich politisch engagieren, man kann nach Belarus schauen, man kann weltweit schauen: Es sind junge Frauen, die sich auf den Weg machen. Greta Thunberg steht auch schon als Ikone hier. Und da ist offensichtlich, die Fixierung auf eine junge, deutsche Frau ist dann etwas, was für rechtsgerichteten Leuten eine enorm große Versuchung darstellt, sich dessen zu bedienen.

H.K.: Ja, das ist, wie man so sagt, die Instrumentalisierung für den eigenen Zweck. Ich halte es für die Aufgabe der Stiftung und des Bündnisses für Toleranz, den Unterschied immer wieder aufzuzeigen. Ein Widerstand in der NS-Diktatur bedeutete, dass man sich unter höchster Lebensgefahr [befand]. Und diese höchste Lebensgefahr bedeutete schon, wenn man ein Flugblatt, ja mehr noch, wenn man Hitler kritisiert. Also mit diesen drakonischen Strafen sollte die freie Meinung unterdrückt werden. Und das ist etwas ganz anderes, wenn ich in einer Demokratie lebe, die grundsätzlich Meinungsfreiheit ermöglicht, aber zu gleich auch noch eine Rechtsstaatlichkeitsstruktur hat, die dann zum Beispiel ein Demonstrationsverbot aufhebt, weil von Gerichten gesagt wird, dass die Verhältnismäßigkeit hier nicht eingehalten wird. Also wir kennen das auch in unserer Diskussion, dieses Abwägen, aber der fundamentale Unterschied darf nie verwischt werden.

M.B.: Ich finde diese politische Ebene ist sehr spannend, aber gleichzeitig ist es auch diese psychologische Ebene, die ich wahrnehme. Also vermischen tut es sich für mich in dem Begriff „weißwaschen“. Man nutzt den Rückgriff auf Sophie Scholl, die Geschwister Scholl und die Weiße Rose, um sich selbst weiß zu waschen und natürlich ist es auch eine Form der narzisstischen Selbsterhöhung. Also wenn man sich Jana aus Kassel anschaut, dann ist es ja schon (ich sehe es schon an ihrer körperlichen Reaktion) es ist eine Form von Narzissmus, die sich da ausprägt. Höher gehen der Vergleichsmaßstab und die Autorität gar nicht. Wenn man sagt, man hat jetzt 10 Tage damit verbracht Demos anzumelden, dann fühlt sich eine junge Frau schon wie Sophie Scholl. [Ein höheres Attribut kann man sich selbst nicht anheften]. Und das scheint eine hohe Versuchung zu sein.

H.K.: Ja, diese Legitimation, ich tu, ich handle und ich legitimiere sie, dass ist uns ja letztlich uns allen eigen. Wir wollen erklären, warum wir etwas tun. Aber wie Sie schon erklärt haben, diese Überhöhung mit einer Person, die eigentlich für etwas ganz anderes steht, als es jetzt mein Alltag ist. Ich finde es bemerkenswert, dass die ganze Bundesrepublik, die ganze Gesellschaft der jungen Frau die rote Karte gezeigt hat, weil sie es nicht verstanden hat, dass dieser Bezug, den sie hergestellt hat, nicht akzeptabel sein kann, weil sie den Bezug vermischt hat. Den Unterschied zwischen lebensbedrohlichen Widerspruch in einer Diktatur und dem Schreien oder Dagegensein in einer Demokratie.

M.B.: Vielen Dank. Ich habe einen letzten Punkt, den ich gerne ansprechen möchte, bei dem ich weiß nicht, ob Sie das selbst wahrnehmen oder ob Sie etwas dazu sagen wollen: Ich finde es sehr spannend, diese immer wieder auftretende Fixierung auf die 12 Jahre, von 33-45, diese Nazifixierung, die ja eigentlich was sehr Entlarvendes hat. Wenn ich mir zum Beispiel diese Rede von Gauland mit dem Fliegenschiss anschaue: es ist immer wieder so eine Fixierung da, irgendwelche Vergleiche zu nehmen aus den 12 Jahren der Nazizeit, für bestimmte Leute, die von rechts kommen. Sie kommen davon nicht los und wenn sie es versuchen, das positiv aus ihrer Perspektive darzustellen, in dem sie sich die Autorität [solcher Personen aneignen]. Man könnte zum Beispiel sagen: „Ich fühle mich wie der neue Martin Luther King“. Aber das wird nicht gemacht. Sondern in Deutschland nehmen Personen von Rechtsaußen immer wieder den Bezug auf die 12 Jahre. Und haben sie sich darüber schon mal ausgetauscht, wie das zu erklären ist?

H.K.: Also nicht ausgetauscht, auch nicht fachlich unterlegt, aber darüber nachgedacht. Und ich meine, wer ein rechtsextremes Potential hat, warum auch immer, hat die Vorstellung, diese 12 Jahre, waren für Deutschland etwas ganz Besonderes. Und deswegen kann es doch nicht sein, dass man mit den 12 Jahre immer nur diesen Schrecken verbindet, dieses Menschheitstrauma, der Ermordung der europäischen Juden, der brutalsten Verfolgung politischer Gegner. Man will so gerne das, was damals verkündet wurde: „Deutschland sei groß“. Und wir haben, würde ich fast sagen, mit unseren Genen aufgenommen, dass das 12 Jahre waren, die uns immer zeigen werden, wie schnell eine Diktatur sich in eine Monstrosität ausweitet, die nur mehr menschenvernichtend agiert. Sei‘s jetzt bezogen auf den Krieg, sei’s jetzt vor allem bezogen auf Minderheiten, sei’s jetzt bezogen auf politische Gegner. Und das haben wir gelernt und gerade bei der Weiße Rose Stiftung sehen wir schon auch den Anlass, dass die Erinnerung zugleich auch eine Würdigung der Personen war, die den Widerstand gewagt haben. Also, es muss diesen Personen auch im Gedenken, in der Erinnerung gerecht werden. Aber sie sind uns zugleich ein besonderes Beispiel, aus dem Geschehen ergibt sich eine besondere Botschaft für uns Demokraten, dass eine Demokratie nicht nur in den Anfängen [Unterstützung braucht], sondern Demokratie und Freiheit brauchen auch Menschen, die dafür einstehen und die Freiheit auch verteidigen. Das heißt, bei uns soll man tolerant sein, Minderheiten schützen, politische Differenzen ausleben und austragen lassen.

M.B.: Gut. Wunderbar. Für mich sind alle Fragen und alle Dimensionen besprochen und ich fand, es war jetzt ein wunderschönes Schlusswort. Wenn es für Sie ok ist?

H.K.: Für mich ist es absolut ok und ich freue mich, weil Sie geben uns die Möglichkeit uns zu positionieren. Und wir haben immer wieder auch Anfeindungen, wir müssen als Organisation den Rechtsweg einschreiten. Das hilft nichts. Wir müssen argumentieren und Foren haben, wo wir Klarheit schaffen. Und, Herr Becher, ich hätte Sie jetzt eigentlich noch fragen müssen: Wir ziehen ja alle an demselben Strick, wie wir. Die ganze Organisation ist nichts anderes, als das Bemühen aufzuklären, sichtbar zu machen, demokratische Impulse zu treffen.

M.B.: Und wir müssen halt sehen, wie die Gruppierungen, mit denen wir es zu tun haben, immer wieder neue Formen finden, sich selbst ins Spiel zu bringen. Das, worüber wir jetzt geredet haben, ist eine dieser Entwicklungen. Wir haben das bei der AfD mit den Plakaten. Es hat schon die NPD mit Luther plakatiert. Dass Luther die NPD wählen würde. Dann hat Luther kurz danach die AfD gewählt. Auch Franz Joseph Strauß hat schon die AfD gewählt auf Plakaten. Also das ist interessant.

H.K.: Es hat sich vorher nicht ergeben, aber diese Geschichte; wir sind ja 2017 wirklich sehr bedrängt worden. Und dann habe ich ein Plakat angeschaut und habe erkannt, dass darauf ein Ausschnitt eines Fotos war, wo eine Bildagentur in Berlin das Recht des Verleihens hat. Und dann habe ich zu den Leuten gesagt: „Rufen Sie bei der AKG Images an, ob sie das Bildrecht dafür hergegeben haben.“ Das haben Sie natürlich nicht. Und dann haben sie ganz schnell eine Untersagung durchgesetzt von Gericht. Und zwar über das Eigentumsrecht an der Nutzung des Bildes, ist auch spannend.

M.B.: Aber das ist ja auch interessant, dass die AfD dann einen Rückzieher macht, wir erleben es ja, dass die ganzen Stellen bei denen es ja um moralisch, politische Dimensionen geht, dann einen Rückzieher machen, wenn sie juristisch das nicht dürfen. Ich fand es auch spannend, wie die AfD mit der Verfassungsschutzsache umgegangen ist. Die haben die ganze Energie darauf verwendet, den Verfassungsschutz dazu nötigen, dass es das juristisch nicht darf und damit vor Gericht zu gehen. Mit dem inhaltlichen Vorwurf des Rechtsextremismus haben sie sich überhaupt nicht auseinandergesetzt, nur taktisch, taktisch-juristisch. Von daher ist es natürlich auch ein sehr sinnvoller Weg, den Sie da begehen, aber damit entledigen wir uns nicht unserer Aufgabe, dass wir politisch, historisch, moralisch argumentieren. Aber denen beikommen, kommen wir vermutlich nur auf juristischen Wegen. Kann ich mir sehr gut vorstellen. Ein guter Schachzug, dass Sie das wissen, wie das ist und dann das auch entsprechend einsetzen konnten. Das finde ich großartig.

H.K.: Wir haben auch natürlich die Fotos auch immer angeschaut, die bei den Querdenkern verwendet werden. Das sind zum Teil sehr veränderte Fotos, wo man sagen könnte, man könnte über das Bildrecht streiten. Da hat diese Seite auch schon daraus gelernt, was sie einsetzen dürfen. Und es wird ja auch immer wieder gesagt, Sophie Scholl würde dieses und jenes sagen. Auch da lässt sich klar machen, welches Zitat wirklich von ihr ist und welches Zitat nur in vielfacher Änderung dann nur zugeschrieben wird. Und da herrscht Aufklärung.

M.B.: Sophie Scholl war ja bekanntlich auch Impfgegnerin. Das wissen wir ja, sie hätte sich ja nie impfen lassen. Ich mein das jetzt ironisch. Naja, mein weiß ja nicht, worauf die Leute kommen. Wir erleben die schrillsten Dinge. Muss man einfach so sagen.

H.K.: Ja, Herr Becher, das war jetzt für mich sehr angenehm.

(Das Gespräch fand am 17. März 2021 via Zoom statt.)